Nordeuropa 2017 Teil 2 Stockholm - Trondheim

 

Freitag 26. Mai

Zur Übersicht hier die Karte des Reiseberichts Teil 2

Karte Schweden mitte

Am Morgen heisst es packen und Service für alle! Unser Womo wird reisefertig gemacht, sprich innerer und äusserer Dienst. WC leeren, Abwasser entsorgen, alles verstauen, Scheiben reinigen, die Crew frischt geduscht nach so viel Arbeit, so starten wir frohgelaunt nordwärts, die Sonne strahlt mit uns um die Wette. Nach dem Frühstückshalt auf einem Rastplatz, natürlich neben den grossen Truckern, steuern wir Uppsala an, genauer gesagt Gamla Uppsala, der ehemalige Hauptort des Svea-Reiches. Kirchen gibt es ja in Hülle und Fülle zu besichtigen auf so einer Reise, und die Meisten besuchen in jedem Ort immer als erstes die Kirche. Nun, diese Kirche ist es wirklich wert, ist sie doch ausgestattet mit vielen Antiquitäten von grossem Wert. Sie wurde als Schwedens erste Metropolitankirche im ersten Drittel des 12. Jahrhundert erbaut. Später wurde in Uppsala der neue, grosse Dom erbaut, somit verschob sich Zentrum in die Stadt, darum der heutige Name Gamla Uppsala.

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Den ältesten Bischofstuhl will ich mit dem Womo mitnehmen, passt leider wegen ein paar lächerlichen cm nicht in die Heckgarage. Bei mir zu Hause würde er bestens in die Stube passen. Hier darf man ja sich nicht mal mehr draufsitzen! Das Wandbild oder besser gesagt Altarbild zeigt uns 16 Heilige. Wer die Namen wissen will muss uns nach der Reise mal besuchen, vielleicht findet sich ja auch noch ein Namenspatron darunter. Johannes der "S", ä Täufer ist auch dabei. 

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Die Kirche ist im normalem Alltagsbetrieb, als wir ankommen findet gerade eine Beerdigung statt. Ein etwas sehr älterer Mann fragt mich ob ich den Verstorbenen auch gekannt habe und ob ich auch ans Leichenmahl käme. Also, ich glaube wenigstens dass er das gefragt hat, meine Schwedisch-Kenntnisse sind leider nicht ganz perfekt. Ich erkläre höflich dass ich noch einen anderen Termin habe, so setzt er sich ins bereitstehende Taxi und fährt zur eigentlichen Beerdigung, denn der Sarg wird nicht auf diesem Friedhof beigesetzt. Ja, das hat man halt davon wenn man selbst in Schweden bekannt ist, da sprechen einen wildfremde Leute an. Die Gegenstände aus dem sogenannten Silberschrank sind teilweise aus dem 13. Jahrhundert, da staunt der Laie wirklich. Diese Hand-Fertigkeit mit einfachsten mechanischen Geräten, phantastisch.

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Als nächstes steuern wir den Klackskärs Campingplatz in Östhammar an. Ein herrlich an der Ostsee gelegener Platz, der zum längeren Verweilen einlädt. Doch leider haben wir Terminstress, morgen um 13.30 Uhr sind wir in Grycksbo zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Da Sonntag in Schweden Muttertag gefeiert wird (2 Wochen später als in der Schweiz, da die Blumen hier auch etwas später blühen) können wir den Besuch nicht wie von uns geplant am Sonntag in unser dichtgedrängtes Reiseprogramm aufnehmen! Nein, Spass beiseite, aber es passt halt wirklich nicht, am Sonntag kommen die Kinder vorbei, sie wollen auswärts essen gehen. 

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Kurzentschlossen satteln wir unseren Töff und erkunden die nähere Umgebung, bei so einem schönen Tag lohnt es sich nicht im Womo Däumchen oder so ähnlich zu drehen. Für unseren ersten Halt haben wir Harg ausgesucht, soll sehenswert sein. Nun ja, wir sehen keine Menschenseele, ein freundlicher Hund pisst mir ans Rollerrad, so haben wir es schnell gesehen. Wobei halt, das kleine Landhaus wäre schon was, und die Uhr des alten Kirchturms läuft noch. Nebenbei hat es die ersten Reiheneinfamilienhäuser, die noch bewohnt sind, für diese Zeit vor zig Jahren mehr als modern. 

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Der nächste Halt ist weiter nördlich, Öregrund, wo wieder eine Gratisfähre nach Gräsö führt. Aus zeitlichen Gründen verzichten wir auf eine Überfahrt und geniessen stattdessen Kaffee und Orangensaft am Hafen. Also der Kaffee war ja i.O., sprich gut gefüllt, meine 4 dl Orangensaft bestanden zu 2/3 aus Eis! Ja so lernt man sparen, Eis ist günstiger als Jus! Es ist wie beim Betonieren im Wohnungsbau, je mehr Rohre der Elektriker einlegt, desto weniger Beton wird benötigt. Verrechnet wird, respektive wurde in beiden Fällen natürlich die ganze Menge, kapiert? Beim Zahlen will das mit dem Trinkgeld im modernen elektronischen Zahlungsgerät einfach nicht funktionieren. Im nachhinein verstehe ich die göttliche Fügung, klar, wer schon zuwenig ausschenkt, soll nicht noch belohnt werden.

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So knattern wir heimwärts, hauen 4 Lammfilets auf den Grill und schon ist wieder ein Tag vollbracht mit vielen Erlebnissen, einfach toll was wir im Moment erleben dürfen. Auf dem ganzen Campingplatz hat es sicher über 100 Hunde, soll scheins eine "Misswahl" morgen stattfinden. Habe mich mit unseren Nachbarn ein wenig auf Englisch unterhalten (lieben Dank meinem Privatenglisch-Teacher Sebastian). Habe ein paar gute Tips für Nordschweden erhalten, was wir alles anschauen sollen. Hat uns spontan zu sich eingeladen, wenn wir in seiner Gegend sind, super. Sie brauchen etwa 2 h bis sie Glut im Kohlengrill haben, da schwör ich auf meinen Webergasgrill von Eisenwaren Jost, ausladen, Gas anschliessen, keine 5 Minuten später können wir essen, wenn die Küche alles im Griff hat, und ich kann euch versichern, sie hat es bestens im Griff!

 

Samstag 27. Mai

Nach dem üblichen Morgenritual (Gymnastik, Duschen, Wohnmobildienst, usw.) verlassen wir Östhammar und steuern Gävle zu. Nur wenige Autos kreuzen uns, total idyllisch durch die Birkenwäler, blühenden Felder gemütlich mit 70 km/h zu fahren. Alle paar Kilometer ein Hinweisschild "Achtung Elche", leider habe ich noch kein lebendes Exemplar in der Wildnis zu Gesicht bekommen. Vielleicht auch besser so, ein Treffen mitten auf der Strasse mit dem 250 kg Brocken würde unweigerlich plötzlich das Ende unserer Reise bedeuten.
Plötzlich kommen Rauchmeldungen von der Copilotin. "Loppis-Alarm!" Ein riesiger, 2 Fussballfelder grosser Markt mit allerlei Krimskrams erregt unsere Aufmerksamkeit. Leider sind alle Parkplätze besetzt, so kann ich schweren Herzens nicht anhalten und Marianne muss auf den Besuch verzichten. Wird bei nächster Gelegenheit wieder gutgemacht, Ehrensache.
In Gävle parkieren wir ausserhalb der Stadt unser Womo, machen kurzentschlossen den Roller startklar, und ab ins Getümmel der Stadt. So früh am morgen, also so um 11 Uhr, ist noch wenig Betrieb. Wir durchqueren die Stadt in allen Richtungen, schiessen ein paar Fotos und staunen, dass vor einem Strassen-Bistro viele Leute anstehen. Es muss wohl "the best in town" sein, denn als wir 10 Minuten später dort wieder vorbei laufen, sind alle Stühle schon besetzt.

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Wir suchen nun noch die alten Häuser, die sollen ja wirklich sehenswert sein. Die erste Frau die wir fragen, weiss auch nicht so recht wo die sind. Auf dem Strassenplan findet sie sich nicht zurecht, meint aber das und das müssen wir uns unbedingt anschauen. Die zwei freundlichen Herren, die wir ansprechen, erklären uns kurz und bündig in diese Richtung geht’s. Die 3. Person, die wir kurz vor dem Ziel fragen, sagt mit grossen Augen, hier, direkt vor unserer Nase. Nun ja, wir laufen kurz durch die Gassen, zwei drei Fotos, und ab zurück zum Womo, Kaffee und Kuchen warten.

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In Grycksbo treffen wir dann Lars und Alice, beide über 80 Jahre alt. Vor 15 Jahren durften wir zum ersten Mal bei Ihnen zu Besuch sein. Damals unternahmen wir noch Ausflüge, suchten Elche im Wald, ein Jagdhund namens Fige bewohnte die Hundehütte. Heute sitzt ein kranker, hagerer Mann auf der Veranda und winkt uns zu! Wir plaudern miteinander über vergangenes, zukünftiges und unsere Familien, tauschen Erinnerungen aus, freuen uns einfach auf das Zusammensein. Gegen Abend sagen wir Tschüss, Lars mag nicht mal mehr aufstehen, er ist zu müde und hofft dass der nächste Schub an Medikamenten ihm wieder Kraft gibt. Traurig und mit wässrigen Augen nehmen wir Abschied, vielleicht ein Abschied für immer?
Schweigsam suchen wir unseren Schlafplatz am Siljansee auf, Dori und Toni kennen ihn bestens, wir waren dort vor 3 Jahren zusammen und haben 2 herrliche Tage genossen. Heute haben wir den Platz für uns alleine und geniessen die Abendstimmung.

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Sonntag 28. Mai

Am frühen Morgen wecken uns Sonnenstrahlen und Vogelgezwitscher, es ist einfach zu Kitschig hier an diesem Flecken Erde. So stehe ich früh auf, döse auf dem Liegestuhl, lass mich von der Sonne bräunen und versuche an nichts zu denken, auch schon mal probiert? Gänse schwimmen vorbei und suchen ihr Frühstück, was auch nicht schlecht wäre, denke ich so nebenbei.

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Gegen Mittag setzen wir unsere Reise fort und suchen Mora auf, bekannt durch den Vasa-Loppet. Wir kennen den Betrieb hier im Sommer, jetzt ist noch wenig los. In einer Stuga trinken wir was, lesen das Neuste vom FC Aarau und so im Web und planen die nächsten Tage. Als Marianne unbedingt so ein Dalarna-Pferd will, binge ich sie wenigstens so weit, dass sie mit einem Photo zufrieden ist. Glück gehabt!

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Später gucke ich Formel 1 von Monaco am TV und wir entschliessen uns noch ein paar Kilometer unter die Räder zu nehmen. Vorbei an Wäldern, und Seen, und Wäldern, und Seen geben wir im Navi Camping Alfta ein. Ein Womo und 2 Wohnwagen haben sich auch hierher verirrt, der Camping ist offiziell noch geschlossen. Eine Frau sagt uns den Code (1947) für WC und Dusche, also bleiben wir auch. Ein Gewitter kündet sich an, und schon ist wieder ein Tageswerk vollbracht.

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Montag 29. Mai

Nachdem sich die Himmelsgeister beruhigt haben, wurde der göttliche Schlaf genossen. Am Morgen packen alle Übernachtungsgäste zusammen, auf dem Platz wird gearbeitet, vermutlich wird der Platz demnächst eröffnet. So packen auch wir unsere Siebensachen zusammen und setzen unsere Reise fort. In Bollnäs, teilweise am Fluss Ljusnan und am See Varpen gelegen, erkunden wir die Stadt. Schöne Lage am Wasser, Campingplatz vorhanden, gemütliche Innenzone, teilweise verkehrsfrei. Eine Gruppe Kinder, unter der Aufsicht von 2 Frauen, macht entweder einen Ausflug in die Stadt oder hat heute einfach kulinarische Ausbildung auf dem Programm. Am Kiosk bekommt jedes Kind eine Glace! Also wenn wir früher auf der Schulreise auch so Lehrerinnen gehabt hätten, die uns eine Glace spendiert hätten! Im Zentrum hat es einen Spielplatz, wo die Kinder sich austoben, mit Kochgelegenheit. Eine Wandplastik erwirkt meine Aufmerksamkeit, was da der Künstler uns alles sagen will, was das Leben so bietet. Der Mann in der Mitte des Bildes am Mikrofon muss eine Eishockeylegende sein, der später als Reporter bekannt wurde, so habe ich die Zeitungsausschnitte nebenan interpretiert.

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Weiter geht’s nordwärts! Nur noch 1573 km auf der direkten Linie bis ans Nordkapp, aber wir haben ja ein paar militärische Abkürzungen, sprich Umwege, eingeplant. Ljusdals Camping heisst das nächste Etappenziel. An der Reception empfängt uns eine freundliche, deutschsprechende Holländerin, die uns „sehr schönes Platz“ zuteilt. Und mit sehr schön hat sie sogar untertrieben! Blick auf See, Sonnenschein, Herz was begehrst du mehr!

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Da morgen Regen angesagt ist, satteln wir den Töff und starten eine Rundfahrt dem Fluss entlang nach Järvsö. Hier steht Schwedens grösste Gemeindekirche, gebaut 1838. Da früher der Kirchenbesuch einer Tagesreise mit allem drum und dran gleichkam, wurden für Pferde und Menschen Stallungen gebaut, wo auch übernachtet wurde. Stellt euch mal vor wenn ich meiner Familie sagen würde, Kirchenbesuch! 2 – 3 Tage weg von zu Hause, unvorstellbar, oder?

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Der Stenegard, Treffpunkt für Handwerk, Garten und Kultur ist auch noch nicht Saison bereit. Ja wir sind zu früh für diverse Besichtigungen, denn im nahegelegenen Skigebiet Järvsöbacken, Schwedens älteste Skilauf-Anlage, liegt noch Schnee!

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Einkaufen! Bepackt mit schwerbeladenem Rucksack, 2 Plastiksäcke angehängt, sowie den Salat in der Hand steuern wir mehr oder weniger sicher dem Camping zu. Bis morgen um 1 Uhr erleben wir Abendstimmung a la Norden live! Fantastische touristische Ambiente, die wir da geboten bekommen, ohne Kurtaxenzuschlag.

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Dienstag 30. Mai

Heute ist Ruhetag, da es wie angekündigt leicht regnet. Was heisst Ruhetag; Wohnmobil reinigen, waschen, kleinere technische Unzulänglichkeiten beheben, Fotos archivieren, Website schreiben, WC Kassette leeren, und, und, und ........
Marianne bereitet auf Ihrer Thermomix die versprochene Wähe zu. Das heisst, auf der Maschine wird der Teig vorbereitet, krampfhaft das kleine Ausrollholz gesucht in unserer "kleinen" 1-Zimmerwohnung, Rhabarber rüsten, ab in den Backofen. Wow, sieht Euch das Resultat an! Nach 10 Minuten gibt's nichts mehr zum fötelen, alles rübis und stübis verspiesen. So lässt sich das Leben geniessen, und das Nachtessen (Voressen à la Marianne) steht noch bevor.

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Mittwoch 31. Mai

Der letzte Tag des Monats bricht mit Sonnenschein an, jedoch heftigen Wind macht das Draussenbleiben ungemütlich. Trotzdem gilt es packen, Östersund ist das nächste Ziel. So sagen S’cheibers, die charmante Holländerin spricht das so aus, Servus. Marianne übernimmt für heute das Steuer. Nach etwa 20 km rufe ich im letzten Moment «He, da ist eine Fahrverbotstafel, hast du die nicht gesehen»! «Schon, aber ich dachte die gilt erst in 19 km», war die trockene Antwort. So biegen wir auch in die Umfahrung ein, warten die ersten 2 Lastwagen ab, die auch diese Strecke wählen, und los geht’s auf Naturstrasse mit Schlaglöcher.

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Also Marianne fährt etwa 30 km/h und wir werden ordentlich durchgeschüttelt, als ein LKW uns mit 70 km/h überholt. Schreck lass nach, vielleicht haben sie die bessere Federung. Immer wieder treffen wir ganze Waldstriche an die komplett abgeholzt wurden, radikal, vermutlich mit grossen Maschinen. Aber wenn wir die riesigen Waldflächen sehen, die müssen ja auch genutzt werden. Auch romantische Ecken mit Birken, Tannen und Wasser sind zu sehen, das ist irgendwie das faszinierende an dieser ganzen Landschaft hier in Mittelschweden.

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So führt uns der nicht geplante Umweg wieder auf normale Strassen und dann auf die Hauptachse Richtung Östersund. Als dann Marianne auch noch eine Verkehrstafel mit Hinweis «Bodenwelle» nicht sieht, wechseln wir kommentarlos das Steuer. Sie putzt ihre Brille und meint lakonisch, «jetzt sehe ich es besser»! Ohne weitere Worte des Berichtschreibers. Noch ein Hinweis für alle Schweden Reisenden mit Womo oder ähnlich. WC Entsorgung ist in den roten Toiletten-Häuschen möglich, wenn das Symbol eines leerenden WC’s in einen Behälter aufgezeichnet ist. Mussten wir auch lernen, aber manchmal helfen einem so kleine Tipps.

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Östersunds Stugby & Camping in Sicht, einchecken, Velos fahrbereit machen, und los geht die Erkundung der näheren Umgebung. Bei heftigstem Gegenwind pflügen wir uns Richtung Stadt. Wir suchen den Weg auf die Insel Frösön für Fahrräder, den wir auch nach kleiner Irrfahrt finden. Mit unseren Akkumotoren kurven wir den «Berg», also immerhin 350 Höhenmeter, hinauf und werden mit einer wunderbaren Aussicht für unsere körperliche Anstrengung belohnt. PS; ich buche es als Sommertraining ab!
In der Ferne sehen wir bereits die Norweger Berge, allerdings teilweise hinter Schneegestöber versteckt. Es hat empfindlich abgekühlt, noch etwa 7° Grad zeigt unser Thermometer.

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Der Frösötornet/Utsiktstorm ist erst ab 16. Juni geöffnet, aber auch so sehen wir die Gegend und können noch ein paar Fotos für’s Erinnerungsalbum schiessen.

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Auf der Rückfahrt kommen wir an einer Velopumpstation vorbei. Etwas Luft könnte ich gebrauchen, also los geht’s. Nach etwa 2 Minuten habe ich gar keine Luft mehr im Pneu und auch keine Luft mehr zum Pumpen. Wieder mal was falsch gelesen, oder doch nicht? Nein, nur den Hebel sollte man drehen beim Ventil, also nochmals kräftig in die Pumpe treten, und wenigstens wieder gleich viel Luft wie vorher im Pneu. Viel Aufwand, Null Ertrag, aber immer daran denken, es ist Sommertraining.
Als Belohnung tischt Marianne das Voressen mit Polenta auf. Es war so super dass ich glatt vergessen hab es für Euch, liebe Fangemeinde des Reiseberichts, zu fötelen, sprich ihr müsst es euch halt vorstellen, sorry!

 

Donnerstag 1. Juni

Juhui, der erste Sommertag, gemäss Kalender! Leider erwacht der neue Tag bedeckt und mit 4°C doch eher winterlich. So haben wir keine Eile uns weiterzubewegen. Gegen Mittag gucken die ersten Sonnenstrahlen, also doch packen und die nächste Station anpeilen. Unser Tagesziel ist Are, bekannt von den Weltcup-Skirennen. Zuerst aber ein wenig Kultur, dem Jämtland läns Museum, kurz dem Jämtli, erweisen wir die Ehre und staunen wie die Ureinwohner Schwedens gelebt haben. Dabei erfahren wir viel Interessantes mit unserem Deutsch-Kopfhörer. Super gemacht, so macht Museumsbesuch Spass. In einem Raum ist ein komplettes Haus in Einzelteilen aufgestellt. Küche, Stall, Vorräte, Wohnen und ein Schlafzimmer. Im Bett liegt eine Grossmutter, nebenan eine Kinderwiege. Eine Schulklasse besucht auch gerade diesen Teil. Plötzlich bewegt sich die Grossmutter und lässt Schnarchgeräusche ertönen. Die grossen, erschreckten Augen der Kinder hättet ihr sehen sollen!

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In Mörsil besuchen wir das Kretsloppshuset, gemäss Website bis 17 Uhr geöffnet. Leider schliessen sie um 16 Uhr, so können wir uns nur noch kurz rumschauen, und staunen, als wir in perfektem Schweizerdeutsch angesprochen werden. Eine Mitarbeiterin des Hauses lebt seit 2 Jahren hier in Schweden, hat sich selbständig gemacht und vermietet sich so an verschiedenen Orten und Betrieben. Hier in Schweden sind gemäss Ihrer Aussage sehr viele Leute selbständig. Sie staunt dass wieder mal Schweizer vorbeischauen, meistens kommen ausser den Einheimischen nur die Deutschen vorbei. Dieses Kreislaufhaus hat nichts mit unserem Kreislauf zu tun, sondern versucht mit eigener Energie alles was produziert wird auch wieder zu verwenden. Gestartet wurde es als EU-Förderprojekt, soll einer sagen die EU investiert nicht in sinnvolle Objekte. Heute ist der Betrieb weitgehend selbsttragend.

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Als nächstes ist das Thema Wasser an der Reihe. Der Ristafallet erweckt unsere Aufmerksamkeit. Schäumend stürzt sich die Wassermasse über die Felsen. Den Campingplatz liegt direkt neben dem Wasserfall, eigentlich wäre es was zum Übernachten. Aber wenn ich die ganze Nacht das Wasser rauschen höre, muss ich dauernd auf die Toilette.

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So entscheiden wir uns noch für ein paar Kilometer Weiterfahrt bis nach Are. Dass es gerade zu schneiden begonnen hat, wäre nicht nötig gewesen, aber es ist ja Sommeranfang. Abgesehen davon, was ein richtiges Skigebiet ist, schaut rechtzeitig für die nächste Saison für Schneevorrat. So ganz geheuer ist es uns nicht mehr, als der Scheibenwischer Schnee wischt, ist doch unser Ziel für das Nachtlager der Tännforsen, Schwedens grösster Wasserfall, und der liegt doch gut 400m über Meer. Das tönt nach wenig, aber in diesen Breitengraden ist das schon fast Alpines Gebiet. Abwechselnd mit Schneegestöber und Sonnenschein erreichen wir den Parkplatz. Gemäss Womo-Reiseführer Wanderparkplatz mit Elektroanschluss. Marianne sieht sofort die Steckdose, «hier bleiben wir»! Leider ist die Steckdose inkl. Halogenscheinwerfer nur für dekorative Zwecke installiert. Das kann einen Fachmann nicht erschüttern, umparkieren, sämtliche verfügbaren Kabel auslegen, und schon können wir unser Nachtlager inkl. Strom aufschlagen. Noch kurz dem Wasserfall, der sich tosend über die Felskante stürzt, die Referenz erweisen, bevor die Küche ruft.

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Einen echten Grilleur können ein paar Schneeflocken nicht erschüttern, so werden mit Winterausrüstung 2 Würste und Maiskolben grilliert. Marianne macht Gemüse und die Bettflaschen bereit, es soll eine bitterkalte Nacht geben. In der Zwischenzeit hat es aufgeklart, das Thermometer sinkt gegen den Nullpunkt. Brotgeruch schleicht sich durch’s Womo, die Bäckersfrau hat selber Teig hergestellt während meiner fotografischen Erkundung. Nun ist der Backofen in Betrieb. Mmmm, das gibt ein feines Frühstück morgen! Sollten wider Erwarten keine weiteren Berichte mehr folgen, sind wir entweder a) schreibmüde, b) infolge Wintereinbruch auf dem Heimweg, oder c) der Schreibende musste Marianne mit Mund zu Mund Beatmung vor dem Erfrieren retten.

 


Freitag 2. Juni

Entwarnung, wider allen Unkenrufen Winternacht überlebt. Schon um halb vier Uhr blinzeln ein paar Sonnenstrahlen durch die Bäume. Weiterschlafen, es hat uns nicht eingeschneit! Später wandert der Fotograf nochmals in der Morgensonne den Wasserfall rauf und runter, eindrucksvoll was hier die Natur geschaffen hat. Vor zig Millionen Jahre hat sich hier eine Felsplatte gebildet, die dieses Naturschauspiel uns erleben lässt. Satte 37 m stürzen sich hier ca. 600 m3 Wasser (726 m3 am 4. Juni 1995 / 2 m3 am 27. März 1969) in der Sekunde vom höher gelegenen See ins untere Seebecken.

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So verlassen wir den Tännforsen, auf geht’s Richtung Westen. Die Fahrt übers Hochplatteau bei herrlichstem Wetter fasziniert. Wir verlassen das schwedische Waldgebiet und freuen uns auf Norwegens Fjorde.

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Kurz vor der Grenze gibt’s verspätetes Frühstück auf dem Parkplatz beim Coop. Gratisbusse chauffieren die Norweger hierher zum Einkaufen. Es erinnert an Waldshut, Schweizer Einkaufstourismus. Sogar die Elektromobile, hier sehr zahlreich unterwegs, dürfen gratis Energie aufladen. Ein Geschenk des Ladens. Plötzlich sichte ich Mariannes Zubehör für ihr Auto, Fischrutenhalter!

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Um die Mittagszeit überqueren wir die Grenze, das ist eine Meldung per SMS an unsere Norwegenfangemeinde wert. Wir peilen den Vikhammer Camping an. Das Navi ist nicht schlauer als derjenige, der es programmiert. Leider habe ich den falschen Platz eingegeben. Nicht gerade ein Bijou, das ich ausgesucht habe. Dummerweise habe ich oben an der Rezeption beim Zufahren schon für 2 Nächte bezahlt. Eine Zigeunersippe aus England macht gerade «Monatswäsche». Nun ja, ich versuche Marianne den Platz schön zu reden, was nur teilweise gelingt. Per Roller erkunden wir als «Trostpflaster» Trondheim, das wir schon ein wenig von einem unserer letzten Reisen kennen. Unterwegs erinnern uns 4 Zahlstationen, dass in Norwegen die Strassen von den Benutzern bezahlt werden müssen. Der Ausflug ist aber die paar Batzen wert, wir geniessen die Sehenswürdigkeiten, versüsst mit dem Üblichen, sprich Capuccino und Muffins!
Alte Stadtbrücke «Bybro» von 1861, die ins Holzhausviertel Bakklandet führt, das Strassencafés hat und vornehmlich von Studenten bewohnt wird.

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Zur Festung Kristiansen hoch führt der weltweit einzigartige Velolift. Man muss mit dem rechten Fuss den Bügel erwischen und sich hochschleppen lassen, kein so leichtes Unterfangen!

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Wir bewältigen den Höhenunterschied gemütlich mit dem Roller und geniessen auf der Festung die Rundsicht auf Trondheim.

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Nächstes Ziel ist der Nidaros-Dom, erbaut vor fast 1000 Jahren. Ich kann mich noch gut an den Bau erinnern, hier durften wir die Elektroinstallationen planen und ausführen. Ja, früher gab es den Beruf des Elektroplaners nicht, da wurstelten die «Stromer» selber und waren für alles verantwortlich. Heute müssen wir nur noch für alles gerade stehen mit allen möglichen Unterschriften und Protokollen. Die guten alten Zeiten lassen grüssen, wir ebenfalls alle die uns kennen und fleissig unseren Bericht lesen und mitverfolgen.

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Nun schlendern wir noch etwas durch die Einkaufs-Strassen, das, was alle Touristen machen, sonst gäbe es keine solchen in den Städten, also ich meine die Läden, nicht die Touris. Bei der Aufnahme in der Mall eines solchen Tempels werde ich von 2 Sicherheitsbeamten angesprochen, was ich hier fotografiere. Als ich ihm die Aufnahme zeige, ist alles i.O, er wollte nur sicher gehen dass ich nicht wildfremde Leute beim Shoppen ablichte.

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Nach der Rückkehr ziehe ich einen letzten Trumpf aus dem Ärmel. Der Grillmeister zaubert ein Lamm-Rack à la Mode de Chef aus dem Ärmel, verfeinert mit Mariannes Gemüseplatte und einem Tropfen Roten. So ist wieder alles in Butter und die Abendstimmung (kurz vor Mitternacht aufgenommen) trägt ihr Übriges dazu bei, dass wir erst nach Mitternacht in die Federn, äh unter die Decke kriechen.
So, das war der 2. Streich, also ich meine natürlich Teil der Reiseberichterstattung Nordeuropa 2017. Als nächstes starten wir die 800 km Atlantikroute Trondheim - Bodø.

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