Nordeuropa 2017 Teil 6 Kirkenes - Nordkapp

Montag 26. Juni

Zur Übersicht hier die Karte des Reiseberichts Teil 6

 Nordkapp

Die Reise zurück nach Norwegen gestaltet sich etwas länger als geplant. Grund sind die vielen Gewässer auf unserer Route. Marianne hat es sich zur Aufgabe gemacht möglichst viele davon auf ihre Fischpopulation zu untersuchen. Gemäss Marianne hat es in keinem der verschiedenen Seen lebende Fische, obwohl überall Angelverbotstafeln aufgestellt sind und es eigentlich Lachse haben müsste.
So bleibt mir etwas Zeit die Umgebung zu erpirschen, respektive mich nach Lebewesen wie Rentier oder Elch umzuschauen. Per Zufall läuft mir noch ein junges Ren im weissen Winterkleid vor die Linse, um diese Jahreszeit haben die Tiere eigentlich schon auf die eher braune Farbe umgestellt, da der Winter vorbei ist. Interessant sind auch die alten Wegweiser, die wir an der Grenze Finnland- Norwegen entdeckt haben. Man sieht aber ganz deutlich, dass hier eigentlich erst der Frühling beginnt. Die Bäume spriessen langsam, der letzte Schnee ist weggeschmolzen, der Boden bekommt langsam grüne Farbe.

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So überqueren wir die Grenze ohne Kontrolle, hier gibt es keine Grenzposten, für administrative Arbeiten sind die Zollbüros aber besetzt. Je weiter nördlich werden die Bäume immer kleiner und erreichen teilweise nur noch Gebüschhöhe. Der Boden ist mehr und mehr mit Flechten, Moos und kleinsten Büschen bedeckt. Wichtige Nahrung für die Rentiere vor allem im Winter, wenn sie im Schnee scharren und Essen suchen. Die Birken sind knorrig und krumm, der Wind zeigt sich als Künstler während der Wachstumsphase.

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Während einer kurzen Rast hören wir von weitem Wasserrauschen. Der Skoltefossen kündet sich an. Es ist Lachsfischzeit in Norwegen. 6 Fischer haben wir an dieser Stelle gezählt, keiner hat während der guten Stunde, die wir dort verbringen, einen Lachs von nahe gesehen. Stundenlang stehen die Fischer hier im kalten Flusswasser oder am Ufer, werfen ihre spezielle Lachs-Angel ein ums andere Mal ins Wasser. Übrigens, der Wasserfall hat eine Fischtreppe, damit die Finnen auch Lachs erhalten in ihren Gewässern.

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Wir biegen auf die E6 ein, die wohl bekannteste Strasse Norwegens. Unser Ziel ist Kirkenes. Unterwegs sickert ab und zu die Sonne durch, was ich gerne für die einte oder andere Aufnahme nütze. Auf einem Rastplatz biegt ein Zürcher PW ein und 3 junge Frauen machen Pause. Als wir einen Curling-Besen im Auto entdecken sprechen wir die 3 an, und es stellt sich heraus, dass ich in Küssnacht gegen Iris schon gespielt habe. Zufälle gibt's! Ihre Rückreise in die Schweiz führt über Russland, viel Glück, und bald mal wieder auf Eis.

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Einfahrt in Kirkenes, Entsorgungsstelle aufsuchen, Parkplatz finden und schon sind wir mitten in der Stadt, die aber wie ausgestorben auf uns wirkt. Tote Hose! Ein paar Leute da, ein paar in einem Kaffee, die Läden schliessen teilweise schon um 5 Uhr, so gab es auch keinen Cappuccino mehr für uns. Ein möglicher Grund, die Hurtigruten ankert morgens um halb zehn bis um drei Uhr nachmittags. Da gibt es abends keine Touristen mehr, höchstens ein paar Wohnmobilfahrer.

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Zur Abwechslung essen wir auswärts, im Surf and Turf geniessen wir einen Spezialburger, nicht gerade typisch Norwegisch, aber die Pommes, selber zubereitet, waren echt der Hammer. Und irgendwie hatten wir einfach Lust auf was Ähnliches wie zu Hause. Für alles zukünftigen Kirkenes-Besucher sehr zu empfehlen.
Unser Übernachtungsplatz, direkt am Wasser, nicht die Idylle wie anderswo, aber äusserst praktisch für die Anglertätigkeit der Angefressenen. Während ich sanft in den wohlverdienten Schlaf hinübergleite haben die Wassertiere sicher noch Stress wegen so Fischattrappen oder ähnlichem. Zum Glück bin ich kein Fisch und habe eine Decke zum Zudecken, denn der Wind pfeift nur so um die Ecken bei 4 Grad.

 

Dienstag 27. Juni

Wie der Wetterfrosch vorausgesagt hat, Wetter bedeckt, grau in grau sind die Farbtöne, die vorherrschen. Das Hupen der Hurtigruten hören wir wohl, aber im Nebel sehen wir kein Schiff.

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Wir entscheiden nicht weiterzureisen, da es keinen Spass macht durch die Nebelbänke zu kurven. Eile haben wir auch nicht, so geniessen wir das kulturelle Angebot von Kirkenes. Gemäss Internet ist um halb elf oder elf im Bunker «Andersgrotta» ein Film über den 2. Weltkrieg zu sehen. Der Unterschlupf diente den Bewohner als Schutz für die Bombenangriffe der Russen. Leider ist der Film nur in Gruppen auf Voranmeldung zu schauen, Pech gehabt, Webdaten und Literatur nicht aktuell. Das Denkmal der roten Armee, als Dank für die Befreiung von Nazideutschland, steht unmittelbar neben dem Eingang und ist Kranzgeschmückt.

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Im Grenseland-Museum wird die Geschichte des Krieges ausführlich dokumentiert. Das ganze Finnmark-Gebiet kam irgendwie vom Regen in die Traufe. Zuerst Hitler, dann Stalin. Der Zugang zum Meer im Norden blieb aber für die Finnen ein Wunschtraum, Russland diktierte nach dem Krieg. Prunkstück der nachdenklich stimmenden Ausstellung ist eine geborgene Iljushin, die auf einem Seegrund lag.

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Mich beeindrucken die Schriftstücke und kleinen Anekdoten, die vom grossen Leid der Menschen berichten. Was wäre, wenn Krieg wäre, und niemand würde hingehen. Die Städte hier im Norden wurden komplett zerstört und neu aufgebaut. Kirkenes erhofft sich neue Impulse durch den Zustrom von Russland, die Grenzpassage ist ja heute wesentlich einfacher möglich. So haben wir doch einige Russenautos gesehen. Die Strasse Richtung Grenze wird auf jeden Fall komplett neu gebaut. Das Eisenbergwerk ist wieder in Betrieb, nachdem es zwischenzeitlich eingestellt wurde. Infolge besserer Preise und grösserer Nachfrage auf dem Weltmarkt wurde der Erzabbau wiederaufgenommen.
Der Nebel liegt immer noch dicht, aber so nahe an Russland kommst du nicht so schnell wieder. Also besichtigen wir den Grenzposten, respektive wollten ihn besichtigen, aber da gibt es keinen Zutritt für Fussgänger.

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Jetzt wollen wir es wissen, die Abenteuerlust hat uns gepackt. Wenn uns die Russen nicht wollen, so schauen wir einfach hinüber, wo wir es einfacher haben können. Ziel ist das Ende der Welt, also das Ende Norwegens, Grense-Jakobselv. Die Strasse wird holprig, wir lassen den Anhänger auf einem Parkplatz stehen, so fährt es sich einfacher. Die letzten 10 km sind Naturstrasse, aber es kommen dauernd ein paar deutsche Womos entgegen, die das gleiche Ziel wie wir aufgesucht haben. König Oskar liess 1869 eine Kapelle erbauen um die norwegische Souveränität gegenüber dem mächtigen Reich im Osten zu unterstreichen.

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Beidseitig des Ufers sind Grenzpfähle eingerammt, auf norwegischer Seite haben wir das Militär gesehen, gegenüber natürlich auch, nur durften wir es eigentlich gar nicht sehen. Der Fluss bildet genau in der Mitte die Grenze. Wem die Fische gehören, keine Ahnung, vermutlich demjenigen, der sie fängt.

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Auch eine Schule gibt es, man glaubt es kaum, aber das sind so kleine Machtdemonstrationen gegenüber dem lieben Nachbarn. Man will sich ja nur von der besten Seite zeigen.

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Ja, wäre das eine tolle Gegend, wenn nur der Nebel nicht wäre. Leider löst er sich nicht auf, wie wir es uns insgeheim erhofft haben. Seht ihr das rote Gesicht auch im Felsen?

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So kehren wir wieder an unseren alten Lagerplatz zurück, frönen unseren Hobbys, welche auch kräftig anbeissen, aber die Grösse passt nicht, also lassen wir sie in die Freiheit zurück.

 


Mittwoch 28. Juni

Der Nebel hat sich gelichtet, wenigstens wieder gute Sicht für die Weiterfahrt. Frühstück, Einfahrt Hurtigruten, Packen, Entsorgen, den Aussichtspunkt über Kirkenes aufsuchen, und schon sind wir wieder auf der E6, nur diesmal in die andere Richtung, das Ende an der russischen Grenze haben wir ja erreicht.

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In Neiden besichtigen wir 2 Kirchen. Als erstes die kleine russisch-orthodoxe Holzkirche direkt am Lachsfluss Neidenelva. Dutzende Fischer stehen im kalten Wasser und versuchen ihr Glück. Wir haben Glück, dass wir die richtige Kirche knipsen, Marianne kehrt bereits bei der ersten Miniaturausgabe um! Wobei die «echte», die Sankt Georgs Kapelle, ja auch nicht wirklich vor Grösse strotzt.

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Auf der anderen Fluss-Seite dann die «Konkurrenz». Um den aufstrebenden Finnen und Russen zu zeigen, wer hier Herr und Meister ist, und nach welchem Glauben gebetet werden soll, entstand ein stabkirchenähnliches Gotteshaus im norwegischen Glaubens-Sinn. 1902 wurde sie eingeweiht und ist bis heute gut erhalten und wird dementsprechend auch gepflegt.

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Wir durchqueren die Hochebene Klokkerelva, doch am Anfang gibt’s noch einmal einen Blick in das eingeschnittene Tal des Neidenelva. Überall wird mit Tafeln auf Elche und Rentiere hingewiesen, Vorsicht ist geboten bei der endlosen Fahrt durch Niemandsland, nur ab und zu durch ein paar Jagd-, oder Fischerhütten, oder beides unterbrochen.

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Nach etwa 60 km Fahrt, wieder am Varangerfjord angekommen, biegen wir nach Bugoynes ab. Als die Russen den Finnen wieder mal etwas Land (Karelien) «abgenommen» hatten, flüchteten die Einwohner an diesen Ort und bauten sich ein neues Zuhause. Sprache, Lebensart usw., alles wurde bis heute beibehalten. Spannend ist der Sandstrand hier in diesen Breitengraden, auf das «erfrischende» Bad habe ich verzichtet.

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Im feinen Restaurant Bistroen mit freundlicher Bedienung verköstigt sich Marianne mit einem Königs-Krabben-Plättli, frisch aus dem Meer gefangen. In dieser Region bis Kirkenes leben die Fischer von diesen «armen» Tieren mit ihren langen Beinen. Ich geselle mich später dazu, Cappuccino und Waffel, frisch zubereitet, war herrlich! Noch einen kleinen Verdauungsspaziergang, und wir staunen, dass die Häuser nicht in den Boden, sondern mit Pfählen auf den Felsen gebaut werden.

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Rückfahrt die gleiche Strasse wieder auf die E6. Überall in der Gegend liegen Findlinge herum, die der Gletscher der letzten Eiszeit hier sanft abgeladen und vergessen hat. Würde mir noch gut gefallen bei uns im Steingarten. Mal mit unseren Nachbarn reden ob wir die Transportkosten teilen könnten, sie hätten ja auch was davon von diesem Prachtsexemplar.

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Die Weiterfahrt wird durch 2 grössere Baustellen stark verzögert, die E6 wird hier auf etwa 10 km gerade saniert und mit neuem Belag versehen. Schön für die Nächsten in ein paar Monaten, wir werden aber heftig durchgeschüttelt auf der provisorischen Schotterpiste.
Es ist gegen 6 Uhr abends, als wir Varangerbotn erreichen. Tanken ist angesagt, das Tankstellennetz ist hier nicht so dicht wie in der Schweiz. Im Coop werden noch Einkäufe getätigt, das I-Pad auf gestartet, wir halten Krisensitzung. Wir sind mittlerweile im Kreis PG 4, das heisst, es kann jederzeit Befehl «Nordkapp» ausgelöst werden. Genaues Studium der verschiedenen Wetterberichte ist angesagt. Für Freitag / Samstag ist ein Schönwetterloch ev. möglich. So werden die Pläne geändert und Kurs Richtung Lakselv aufgenommen. Dort ist der Warteraum für den schnellen Einsatz ans Kapp geplant. Der Adrenalinspiegel steigt spürbar, es liegt was in der Luft. So führt uns der Weg nach Tana bru. Wir überqueren unauffällig die Brücke und verabschieden uns von der E6 und schwenken in die 98 ein, sie soll uns auf verschlungenen Wegen in den Bereitschaftsraum Lakselv führen. Die Fahrt durch die fruchtbare Ebene des Tanatals passt so nicht in diese Breitengrade. Aber der sehr fruchtbar angeschwemmte Boden und das von den stürmischen Winden geschützte Tal wird rege für die Landwirtschaft genutzt.

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Bei Tana kirke legen wir einen kurzen Halt ein und bestaunen das moderne Werk. 6 Erinnerungstafeln, jede in verschiedenen Sprachen, erinnert an die Befreiung durch die Russen und es wird Dank für alle die am Wiederaufbau geholfen haben ausgesprochen. Die Kriegszeit ist leider immer noch allgegenwärtig.

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Was nun folgt ist wieder mal Natur pur in allen Facetten. Auch auf der Strasse hat die Natur gewütet und viele Schlaglöcher entstehen lassen, was uns zu äusserst vorsichtiger Fahrt zwingt. Von der Wetterfront ist aber noch keine wesentliche Änderung mitgeteilt worden, so ist auch keine Eile geboten. Im Schnitt alle 15 Minuten ein Auto, dem sage ich stressfrei reisen. Immer wieder kleine Fjorde und einsame Hütten, die teilweise sogar bewohnt sind.

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Nach etwa 30 km Schüttelbecher-Piste fühlen wir uns urplötzlich im Strassenparadies. Top ausgebaute Pass-Strasse führt uns immer höher und höher. Das Gebirge des Ifjordfjellet gilt es zu überqueren. Fast befürchte ich im Schnee stecken zu bleiben, türmen sich die Schneemassen doch bedrohlich hoch der Strasse entlang.

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Kurze Lagebesprechung, wir übernachten oben in den Bergen und geniessen die traute zweisame Einsamkeit. Chef Strom findet eine unter Spannung stehende Steckdose bei einer Hütte, die wir nach kurzer Besprechung uns entscheiden zu benutzen. Wir packen 50 Kronen mit einem kurzen Begleitbrief in einen Plastiksack und beschweren ihn mit einem Sack Holz bei der Eingangstüre. Mal gespannt ob sie meine Englischwörter entziffern können, habe die Mailadress von Trämli noch hinzugefügt, vielleicht schauen die Besitzer mal rein und finden ihre Hütte abgebildet in unserem Bericht. Auf jeden Fall sagen wir nochmals Danke, auch wenn wir nicht gefragt haben.

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Hier oben geniessen wir dank Satellitenempfang Musikwelle 531, gönnen uns urchige Käseschnitten, einen Tropfen Roten und geniessen die Stille und die Natur pur, eifach mega schööön!!!

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Donnerstag 29.Juni

Tagwache um 8 Uhr, Lagebesprechung der Wetterfront, Einsatz morgen Freitag immer wahrscheinlicher! Dementsprechend heisst es Vorbereitungen treffen. Kräftiges Frühstück, Kontrolle der persönlichen Ausrüstung (Fotoapparat / Rucksack / Feldstecher usw.), in Angriff nehmen der Talfahrt nach Ifjord. Die Führungscrew bespricht sich hinter verschlossenen Türen, Fahrt nach Gamvik oder Weiterfahrt zum Bereitschaftsraum, der mittlerweile nach Russenes verschoben wurde. Wir irritieren den «Feind» und wählen die Strasse 888, jedoch nur bis nach Lebesby. Speziell die Gegend dem Fjord entlang nach einigen Tagen ohne Sonnenschein. Wir strahlen fast mit der Sonne um die Wette, die Stimmung entspricht ziemlich genau der Wetterlage, super!

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Kaffee ist leider nicht unseren Wünschen entsprechend erhältlich im Dorfkaffee. Aber im Manöver muss man auch mal durchhalten können ohne Koffeinschub! Während Marianne Alternativen zum Kaffee sucht, knipse ich ein wenig in der Gegend herum. Ordnung ist nicht überall das Hobby der Bewohner, aber so ein Fischerboot wäre zur Abwechslung auch mal was, sofern es nicht zu fest schaukelt. Ideal mit Bootsanlegestelle, sofern das Wasser nicht gerade Ebbe aufweist!

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Ziel der Fischübung wäre es gewesen den Notvorrat für die kommenden Nordkappmanöver zu erweitern. Rapport: 1 Stück gefangen durch Marianne, zu klein; 3 Mal angebissen bei mir, jedoch nicht an Land geschafft, vermutlich zu gross! So schaue ich mich nach Rentierfleisch um, keine Angst, habe keines erlegt.

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Nachdem wir mit unserem Abstecher von unserem Hauptziel abgelenkt haben, kehren wir auf die 98 zurück Richtung Lakselv, zuerst dem Laksefjord entlang. Der Name weckt Magenknurren, also Brunch-Stopp mit Lachs und was sonst sich so noch im Kühlschrank verbirgt.

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Nach dem Brunch pirsche ich noch etwas in der Gegend herum und finde seltsame Überreste eines vermutlichen harten Kampfes zweier Streithähne. Wer sich als erster bei uns meldet, um was es sich hier auf dem Bild handeln könnte, erhält eine Einladung zum Raclett-Essen im nächsten Winter.

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Das Flussbeet des Storelva ist für Hochwasser breit genug, denke ich. Eine Tageskarte für Lachsfischen kostet fast 80 Fränkli, da kaufe ich mir lieber wieder 100 g geschnittenen Lachs im nächsten Laden. Vor allem habe ich diese 100 g auf sicher! Also bitte nicht falsch verstehen, nichts gegen Mariannes Angelkünste, aber Lachsfischen ist noch eine Schuhnummer zu gross.

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Die Strasse gewinnt wieder rasch an Höhe, wir durchqueren die Borselvfjell Hochebene. Eine Steinwüste die nicht zum Verweilen einlädt. Die grossen Trucker lasse ich möglichst schnell überholen, unglaublich, die fräsen teilweise wirklich mit fast 90 km/h.

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Den Silvar-Canyon lassen wir links liegen, es ist nicht Wanderzeit, wir haben höhere Aufgaben gefasst. Das Rauschen des Wassers tönt zwar verlockend und die Bilder der verschiedenen Reisebücher sind es auch, so belassen wir es zur Abwechslung mit dem Blick von oben herab vor der Schlucht.

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In Borselv erhalten wir Bericht zur Lage der Nation, sprich Wetterfront. Klarer Auftrag, beziehen des vorgerückten Platzes und auf weitere Meldungen warten. Leichte Unruhe in der Magengegend beschleicht mich auf der Weiterfahrt dem Porsangerfjord entlang. Doch die Naturschönheiten lassen wir uns nicht entgehen und so gibt es diverse unvorhergesehene Stopps zum Fotografieren.

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Vor allem der verschnittene Berg beeindruckt, die Natur hat wieder alle Register gezogen.

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Auf der anderen Fjordseite, nach Boxenstopp in Lakselv mit Diesel und Einkaufen, bestaunen wir in der Abendsonne die Ebbe des Fjords. Noch gut 50 km bis Russenes, dann haben wir es für heute geschafft, wieder zig Eindrücke der wunderschönen Natur erhascht. Ja, es gibt viel zu verarbeiten auf so einer Reise in fernen Ländern.

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Ankunft auf dem Camping Russenes, sofort gefechtsmässig einrichten und die neuste Wetterlage analysieren. Wollen wir es morgen wagen? Es gibt widersprüchliche Berichte, wir sind unsicher und beschliessen erst morgen für go or no go zu entscheiden. Eine emotional unruhige Nacht steht bevor, der Puls ist leicht erhöht, klappt es morgen?

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Freitag, 30. Juni

The Day bricht an! Tagwache um 06.30 Uhr, duschen, schminken, usw, minuziös haben wir alles geplant, alles Details besprochen, der Wetterbericht sollte passen. Unnötiger Ballast wird abgeworfen, sprich, wir lassen den Anhänger auf dem Camp, da wir morgen wieder hierher zurückkehren.
Die Fahrt dem Fjord entlang braucht schon mehr als die doppelt berechnete Zeit. Unvorhergesehene Stopps, die Landschaft muss in Bildern festgehalten werden, so traumhaft präsentiert sich heute das Wetter.

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Versuche krampfhaft das Tempo eines Cars mitzuhalten, wenigstens bis zum 3km langen, unbelichteten, engen Tunnel schaffe ich es. Es weichen alle Fahrzeuge dem Bus aus und wir können locker im Windschatten hinterherfahren. Dieser Abschnitt wird sicher bald saniert, vermutlich aber nicht bis zu unserer Rückfahrt morgen. Der «Feind» will uns mit verschiedenen Erschwernissen die Eroberung des Felsens vereiteln! Was soll’s, wir geniessen die Fahrt trotzdem.

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Wir erreichen den Tunnel, der uns 212 m unter dem Meer durchführt und schon begrüsst uns der Troll in Honningsvåg.

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Zwischenhalt mit Verpflegung, Rundgang durch den Ort, der sich eng an den Berg schmiegt um sich vor den Witterungswidrigkeiten im Winter zu schützen. Wir geniessen noch einen «Cap», und so gestärkt nehmen wir die letzten 15 km in Angriff.

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Kaum gestartet hebt ein Autostopper seinen Daumen. Spontan entschliessen wir uns die Person mitzunehmen ans Cap, Verstärkung kann ja bei der Eroberung nie schaden. Sie kommt aus Paris und war im Austauschjahr im Norden und macht jetzt noch eine kleine Rundreise. Noch 3 Mal schalten wir einen Zwischenhalt ein um die Faszination dieses kahlen Felsens einzuatmen.

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Und dann ist es geschafft, wir sind am Ziel, der nördlichste, befahrbare Punkt Norwegens, das Nordkapp, liegt vor uns, Emotion pur, es kribbelt unter allen Nägeln. Natürlich ist der Spass nicht gerade günstig, es wollen alle ein wenig daran verdienen, schliesslich müssen die Leute hier oben auch von was Leben.
Wie manchmal musste diese Kugel schon als Sujet herhalten?

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300m über Meer türmt sich das Plateau auf und fällt dann senkrecht ins Meer. Das Kreuzfahrtschiff ist wie ein Spielzeug unter uns und die Fischerboote sieht man schon fast nicht mehr. Faszination Nordkapp, wenigstens bei diesem Wetter. Wie viele haben diesen Felsen schon enttäuscht verlassen, weil sie ausser Nebel nichts gesehen haben?

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Wir besichtigen das Innere, schauen uns den 15-minütigen Film an, der uns das Kapp in den 4 Jahreszeiten präsentiert. Gut gemacht, vor allem bei schlechtem Wetter für all die tausend Leute die hierherkommen. In der Kapelle halten wir beide einen Moment inne und gehen unseren Gedanken nach. Wir sind unendlich dankbar, dass wir gesund und wohlbehalten hier angekommen sind und bis jetzt eine tolle Zeit zusammen geniessen durften. Danke all den vielen guten Gedanken, liebe Freunde, die ihr uns mitgegeben habt und uns täglich in elektronischer Form auch mitgeteilt habt, ein herzliches vergelt’s Gott! Wir telefonieren auch meiner Mutter, sie feiert heute den 84. Geburtstag, von ferne sei herzlich gegrüsst und natürlich gratuliert.

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Leider haben wir es mit unserem Hymer 688 nicht in die Frontreihe geschafft, aber 2. Reihe ist auch gut. Immer mehr Leute stürmen den Felsen, zig Cars bringen alle rauf und auch wieder runter. Wir alle wollen doch nur das Eine, die Kugel sehen, knipsen, dafür sind wir 6000 km rauf gefahren, zuoberst in den Norden.

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Sprach ich vom berüchtigten Nordkapp-Nebel, da schleicht er schon heran!

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Da wird sofort alternativ Programm geboten. Ein Berner und ein Zürcher spielen Schwyzer-Örgeli zusammen am Nordkapp. Den Zürcher haben wir in den letzten 3 Wochen einige Male getroffen, spannend wie sich manchmal so Begegnungen immer wieder treffen. Doch der Nebel verschwindet und lässt uns um Mitternacht die Kugel ungehindert betrachten, zusammen mit etwa 1000 anderen Leuten eine Freude teilen ist doch doppelte Freude, oder?

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So schliessen wir diesen Teil des Berichts hier am Nordkapp. Es war fast 15 Jahre lang eines meiner grossen Ziele, mal hier oben zu stehen und einfach zu geniessen. So geniesse ich gegen 1 Uhr fast für mich alleine die plötzlich entstandene Ruhe an diesem Punkt und lasse viele Gedanken der letzten Jahre Revue passieren. An dieser Stelle einfach allen ein riesiges Dankeschön, die in irgendeiner Art für mich da waren und noch sind, meiner Familie, Marianne, die mir immer den Rücken freihielt, immer für mich da ist. Dem ganzen EWAG-Team, das jetzt von Thomas und Sonja geführt wird, und mir diese Reise ermöglicht, ohne dass ich dauernd ans Geschäft denken muss. Ich freue mich auf das Zurückkommen, ohne mehr die Verantwortung tragen zu müssen, euch zu helfen, wenn Not am Mann ist. Danke an meine Curling-Freunde, die mit mir die Freizeit teilen und die mich die Belastung des Arbeitsalltags vergessen liessen. Danke allen, mit denen ich unvergessliche Begegnungen erleben durfte, einfach die Momente geniessen durfte, die das Leben braucht.

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