Teil 1 Oberentfelden - Ptui
Reise in den wilden Süd-Osten von Europa
Ostermontag 1. April Oberentfelden - Bad Buchau
Kein Aprilscherz, der 1. April ist unser geplanter Start zum Treffpunkt der geführten Tour mit SeaBridge KURS Albanien.
Verabschiedung bei Nachbarn, Freunden und Familie, wie immer auch mit Emotionen verbunden. Kaffeehalt bei Hegis in Mettau und bald passieren wir bei Koblenz die Grenze und fahren auf Deutschlands Strassen ostwärts. Wenig Verkehr für Ostern, tuckern wir gemütlich Bad Buchau entgegen, erwischen gerade noch den letzten Platz auf dem Stellplatz bei der Therme und schon bereitet Frau Innendienst in der Pfanne das Nachtessen zu. Es gilt noch Resten aufzubrauchen, Fleischkäse und Spiegelei mit Röslibrot! Die Kreditkarte wird vom Zahlautomaten nicht genehmigt, so übernachten wir halt schwarz, morgen ist auch noch ein Tag.
Dienstag 2. April Bad Buchau
Nächster Versuch frühmorgens den Obolus für den Stellplatz zu entrichten, und siehe da, es klappt beim ersten Versuch! 13 Euro die Nacht ohne Strom, den haben wir selber im Womo mit dem neu montierten 2kW Wechselrichter, gespiesen von unseren 2 Bordbatterien.
Vor dem Besuch der Adelindis Therme starten wir eine kleine Wanderung zum Federseesteg, UNESCO-Welterbe Fundstelle von frühzeitlicher Besiedlung. Bei böigem Aprilwetter mit Sonne und Nieselregen bestaunen wir die intakte Natur mit Lebensraum für viele Vogelarten.
Am Nachmittag geniessen wir für 13.50 Euro 4 Stunden Wellness pur und lassen im warmen Wasser die Seele baumeln. Als Ergänzung zur Fitness im Wasser verspeisen wir kalorienarme Spargeln. Wenn da nur nicht die Hollandaise-Sauce wäre und das Entsorgen der restlichen Osterschokolade!
Mittwoch 3. April Bad Buchau – Passau
Frisch gebadet starten wir die Weiterreise mit unserer fahrbaren 3-Zimmerwohnung. Wohnküche, Schlafraum mit Vorhang und WC-Duschraum, fast so komfortabel wie zu Hause. Via Ulm geht’s Richtung München, wegen Unfall Stau, da weichen wir auf die Landstrasse aus und machen kleine Spazierpause im Spargelland Schrobenhausen. 3x rufe ich Marianne zu, Donauwelle! Doch sie reagiert nicht auf meine Warnrufe und so muss ich mit leerem Magen das Städtchen verlassen.
In Passau steuern wir den Stellplatz am Winterhafen an der Donau an. Etwa 30 Wohnmobile und Wohnwagen übernächtigen hier am Gratisplatz. Wasser macht keinen Lärm, so schlafen wir nach dem Curlingspiel der Schweizer gegen Tschechien friedlich in die Morgendämmerung, sogar der Regen stört uns nicht.
Donnerstag 4. April Passau – Linz
Die Reise durchs Donautal Richtung Linz wird durch das vom Frühlingserwachen der Natur geprägt. Bei der Schlögener Schlinge schlängelt sich der Fluss durch die Hügellandschaft, in dieser Idylle lässt sich das Frühstück fast zelebrieren.
Weiter dem Navi folgend treffen wir in Linz ein. Links abbiegen und den Berg hinauf. Was, noch 13 km bis zum Parkplatz beim Friedhof, das kommt mir Spanisch vor? Kurzer Blick auf die Karte, hier stimmt was nicht mit unserer Navigation. So kurven wir die Bergstrasse hoch und auf der anderen Seite wieder runter. Nur für Fahrzeuge bis 5t, enge steile Strasse, man sollte sich nicht auf die moderne Technik verlassen und dem gesunden Menschenverstand folgen. Die tolle Aussicht auf die Donauebene und die dahinter sich erhebenden Berge entschädigt für die Zusatzschlaufe. So landen wir fast eine Stunde später auf dem Parkplatz. Schau mal die Kirche dort oben, vielleicht fährt da ein Bus hoch?
ÖV-App von Linz herunterladen, 2 Tageskarten lösen und schon starten wir unsere Stadtbesichtigung. Zum Pöstlingberg hoch lautet das erste Ziel, das wir vom Womo gesehen haben, da gibt’s sicher eine tolle Aussicht auf die Stadt. Schon tuckern wir mit der alten Tramlinie den Berg hoch. Tatsächlich, die Fahrt hat sich gelohnt.
Kleiner Tipp für Linzreisende, es wird ein spezielles Ticket für diese Strecke benötigt. 12 Euro hin und zurück inbegriffen eine Tageskarte auf dem ganzen restlichen Netz. Warum ich das speziell erwähne? Habe nur 2 Tageskarten für das Netz ohne Bergstrecke gekauft, wir sind also «schwarz» den Berg hochgefahren, runter natürlich auch!
Zurück in der Stadt suchen wir das Caféhaus mit der besten Linzertorte. Bei der Konditorei Jindrak erleben wir den gewünschten Gaumenschmaus, mei des war lecker!
Gestärkt durchstreifen wir durch die Strassen und Gassen, besichtigen den Dom und verpflegen uns im Wirtshaus Keintzel mit Wienerschnitzel.
Freitag 5. April Linz – Marbach an der Donau
Auf dem Friedhofsparkplatz haben wir seelenruhig geschlafen, keine Geister oder Seelenwanderungen die unsere Nachtruhe gestört haben. Die Fahrt der Donau entlang Richtung Wachau zeigt uns die Naturschönheiten dieser Gegend in allen Facetten. Prächtiges Frühlingsgrün, blühende Bäume und die lieblich dahinfliessende Donau. Wir beziehen für die nächsten 2 Tage unser Nachtlager auf dem Camping Marbacher. Freundlicher Empfang durch die Chefin, wir erhalten einen wunderbaren Platz direkt am Wasser.
Nach dem Frühstück starten wir per Rad eine Rundreise Richtung Melk, auf der anderen Flusseite zurück bis Ybbs, wieder Flussüberquerung und zurück zum Camp. Schiffe passieren die Schleusen und die Landschaft präsentiert sich in perfekten Photosujets.
Bei Temperaturen über 20°C dinieren wir am Abend draussen und bestaunen immer wieder die vorbeituckernden Lastenkäne.
Samstag 6. April Radtour Wachau
Wetterbedingt etwas später als geplant starten wir unsere Velofahrt Donau abwärts.
Mariandl, andl, andel, aus dem Wachauerlandl, landl, landl, von der älteren Generation kennen sicher einige noch das Lied aus dem Jahr 1947. Gesungen von Maria Andergast und Hans Lang, der es auch komponiert hat. Ja mit Marianne durch den Frühling zu radeln entzückt jedes Herz.
Kleine Stärkung in Spitz mit Blick auf die Marillenbäume und Weinberge der Wachau. In Weissenkirchen übersetzen wir die Donau mit einer Fähre, die nur mit der Strömung vom einten ans andere Ufer getrieben wird.
Nun im doch spürbaren Gegenwind auf der anderen Seite wieder zurück. Eigentlich war geplant bis Krems zu fahren und dann mit dem Wachaubähnle bis Emmensdorf zurück zu fahren. Marianne war entsprechend enttäuscht, doch da hätte ich reservieren müssen. Da wir erst gegen Mittag losgefahren sind, gab es Programmänderung mit ungenügender Kommunikation. Männer, redet mit euren Frauen Klartext!
Die Wehrkirche St. Michael ist ein beliebtes Sujet für Handys und Kameras, da stoppen wir natürlich auch.
Die Fahrt wird langsam anstrengend, die Stimmung auch, so erfreut sich mein Fotoherz dem Anblick dem Servitenkloster mit Schloss in Schönbühel.
In Melk reicht es nicht mehr für die Stiftsbesichtigung aber dafür gibt’s den wohlverdienten Radler!
Mein Vorschlag das Nachtessen bei der «schönen Wienerin» in Marbach einzunehmen anstelle selber noch 2h zu kochen wird einstimmig angenommen. So enden über 80km Radfahrt mit leichten Gesässschmerzen und kleineren muskulären Problemchen, ansonsten aber einfach ein herrlicher Tag, der sich zu Ende neigt.
Sonntag 7. April Marbach an der Donau – Graz
Wir verlassen die Donau für längere Zeit, irgendwann auf der Reise werden wir wieder an den Gestaden verweilen. Anstelle langweiliger und kostspieliger Fahrt auf der Autobahn entscheiden wir uns querfeldein über die Berge Richtung Süden zu fahren. Für meine Copilotin eine echte Herausforderung, denn es gilt die geheimnisvollen Irrungen das Navisystems zu kontrollieren. Bei Ypps über die Brücke, dann auf der gut ausgebauten B25 bis Neubruck. Hier entscheidet das Navi nicht die kurvenreiche B28 Richtung Mariazell zu befahren, sondern die ruhige Nebenstrasse Richtung Ötscher Skigebiet. Zig Motorräder überholen uns oder kommen uns in Schräglage entgegen. Mein Motoherz schlägt höher! Nun noch den Seebergsattel und schon sind wir bald in Bruck a.d.Mur. Zwischenhalt bei kleinem Fischsee darf nicht fehlen, Frühstück inklusive.
Auf den letzten 60km bis Graz unterstützen wir den Autobahnbau der Österreicher und fleissig piepst es in der Führerkabine, wenn wieder eine Kontrollstation befahren wird. Bei fast 30°C erreichen wir den Wohnmobilhafen Graz, Tisch und Stühle raus und die Sonntagsruhe beim Curlingfinalspiel Schweden – Kanada geniessen.
Montag 8. April Graz
Nach erstaunlich ruhiger Nacht am Stadtrand von Graz starten wir mit leerem Magen die Fahrt ins Zentrum. Busticket wie gewohnt via App online gelöst und schon tuckern wir gut 20 Minuten mit der Buslinie 32 zum Jakominiplatz, dem zentralen Umsteigeort. Gestärkt mit Cappuccino und kleinem Gebäck wollen wir als erstes zum Schlossberg hoch. Mit dem Bähnle, mit dem Lift, nein natürlich die 260 Treppenstiegen per pedes hoch! Verlaub, mit einigen Verschnaufpausen zwecks fotografischer Tätigkeit unterwegs.
Im 12. Jahrhundert wurde hier eine Burg gebaut, die auch der Stadt den Namen gab. Gradec, aus dem slowenischen für kleine Burg, wurde in keinem Krieg von einer fremden Macht erobert. Napoleon erpresste Graz mit der Drohung Wien zu zerstören, da gaben die Grazer klein bei und die Burg wurde bis auf den Glocken- und Uhrturm zerstört.
Doppelwendeltreppe, noch nie gehört? In Graz kann man sie auch gleich besichtigen in der Burganlage, dem Sitz der Landesregierung Steiermark. Gleich nebenan befindet sich der Dom, im 15. Jahrhundert im spätgotischen Stil erbaut.
Unser nächster Besuch gilt dem Grazer Landhaus, einem der bedeutendsten Renaissancebauten Mitteleuropas. Heute tagt im Sitzungssaal der Steiermärkische Landtag. Charakteristisch sind die kunstvollen Rundbogenfenster, die luftigen Laubengänge und der dreigeschoßige Arkadenhof.
Beim Flanieren treffen wir auch auf den Glockenspielturm. Leider ertönen weder Glocken noch drehen sich die Trachtenleute, aber wir können ja nicht bis Sankt Nimmerlein warten und elendiglich verhungern!
So kehren wir zum Hauptplatz zurück mit Blick aufs Rathaus und prächtigen Häusern mit entsprechenden Geschäften zum Verweilen. Nach kleinem Abendimbiss kehren wir mit dem Bus 32 zurück zum Campingplatz, mit vielen Eindrücken und Schritten eines erlebnisreichen Tags im Gepäck.
Dienstag 9. April Graz – Maribor
Kleine Programmänderung, anstelle direkt Ptui anzufahren schalten wir noch einen Zwischenstopp mit Übernachtung in Maribor ein. Die Kulturhauptstadt Europas von 2012 ist immer ein Besuch wert. Fahrt über Landstrassen, wir sparen uns die Autobahngebühren, bis zur LPG Tankstelle in Maribor. Hier kostet das Gas und der Diesel ca. 20-30% weniger als in Österreich oder in der Schweiz. Übernachtungsplatz bei der Gostilna Koblarjev Zaliv etwas ausserhalb der Stadt direkt an der Drau. Preis=0 Euro inkl. Strom und Wasser, als Gegenleistung erwarten die Wirtsleute dass man bei ihnen das Nachtessen einnimmt, was wir natürlich gerne machen.
Doch vorher radeln wir ins Städtchen und schauen uns die herausgeputzte zweitgrösste Universitätsstadt Sloweniens an. Österreich/Ungarische Monarchie, Jugoslawien, Deutsches Reich, wieder Jugoslawien und seit 1991 eigenständige Stadt von Slowenien, eine lange Geschichte mit verschiedenen Herrschern prägte Land und Leute.
Das Rathaus mit der Pestsäule wurde 1553 – 65 im spätgotischen Stil erbaut. Weil der Baumeister zu wenig Goldstücke erhielt, baute er aus Wut den Turm nicht in der Mitte! Wenn sich das heute einer getrauen würde?
Die Kathedrale, erbaut 1248 im romanischen Stil und später erweitert, ist Bischofssitz der römisch-katholischen Kirche von Slowenien.
Die Basilika der Mutter der Barmherzigkeit ist auch ein römisch-katholisches Kirchengebäude. Erbaut anfangs 1900 wird sie vom Orden der Franziskaner betreut.
Maribor hat sogar ein Schloss! Fertig gebaut 1483 ist heute ein Museum beheimatet. Nebenan ist eine Kugel plaziert, die an den 2. Weltkrieg erinnert.
Mit Radler für die Radler gestärkt treten wir heimwärts zum Womo und geniessen das feine Nachtessen inkl. Schlummertrunk!
Mittwoch 10. April Maribor – Ptui
Auf zum Treffpunkt der Reisegruppe nach Ptui. Gut 30km Fahrt mit Zwischenhalt beim Bäcker kurz vor dem Camp. 3 Euro 40 für ein Pfund Brot und 2 Nussgipfel, da reicht die AHV bedeutend weiter! Keine Angst, wir wandern nicht aus.
Beim Eintreffen sind bereits einige Teilnehmer vor Ort und man knüpft die ersten Kontakte. Wir radeln aber noch ins Städtchen bevor um 15 Uhr der Startschuss für die gemeinsame Reise durch Südosteuropa fällt.
Ptui, auf Deutsch Pettau, ist die älteste Stadt des ehemaligen Herzogtums Steiermark. An der sogenannten Bernsteinstrasse liegend war es früher eine wichtige Handelsstadt bis weit ins römische Reich. Dann wechselte bis ende Jugoslawienkrieg die Besitzverhältnisse mehrmals. Man stelle sich mal vor wenn auf dem Schreibtisch entschieden wird dass Schaffhausen ab sofort zu Deutschland gehört!
Unsere Erlebnisse mit der Reisegruppe sind ab Teil 2 zum Nachlesen, viel Spass!