Nordeuropa 2017 Teil 3 Trondheim - Bodø

Samstag 3. Juni

Zur Übersicht hier die Karten des Reiseberichts Teil 3

Norwegen Mitte Bodo

Norwegen Mitte Sd

Heute «geniessen» wir den Campingplatz und bereiten uns mental auf die Atlantikroute vor. Ich bereite mich auf den CL Final Real – Juve vor. Für nicht sportbegeisterte, es handelt sich um Fussball. Das heisst TV einrichten, es gibt Probleme mit der Karte, die für die Schweizer Sender benötigt wird. Bier in die Kühle stellen, Menüfahrplan mit der Küche besprechen, dass dann auch alles so gegen 20 Uhr bereit ist für das grosse Spiel. Irgendwie möchte ich es Juventus Turin gönnen, dass sie den Titel auch mal holen, mal schauen. Für Marianne ist heute Waschtag angesagt. An der Rezeption erhält sie einen Batch und die nötigen Infos, also geht’s an die Arbeit, während ich mich den Schreibarbeiten widme.
Dann gibt es Hektik auf dem Platz, die «Zigeuner» fahren ab. Etwa eine Viertelstunde laufen bei 3 Autos die Motoren und alle warten auf den Letzten Mohikaner. Er muss noch die Kinder um platzieren, die etwa 3-jährige will unbedingt mit dem Papa fahren, also das etwa halbjährige Baby ins andere Auto. Dann verabschiedet sich die Sippschaft. Gespenstische Ruhe auf dem Platz. Nur ein paar Hüttenbewohner und etwa 3 Womos.
Plötzlich Aufregung, «die Kleider sind verschwunden», ruft Marianne aufgeregt. Nun ist Sherlock Homes gefragt, sprich meine Englischkenntnisse. Die Barfuss-Frau vom Camping kommt mit uns zum Waschraum, und schon ist das Rätsel gelöst. Jemand hat die Kleider aus der Maschine genommen und sie oben in den Tumbler gelegt, damit er die Waschmaschine brauchen kann.
Laufend trudeln wieder neue Camper ein, alle mit derselben Masche erwischt wie wir, oben zahlen, und wenn du dann den Platz genauer unter die Lupe nimmst, ärgerst du dich. Keine Abwaschmöglichkeit, 2 Sanitärhäuschen im Umbau, vermutlich seit 2 Jahren, usw. Ein St. Galler Wohnwagen fährt noch Rückwärts in einen Betonsockel, was wohl die Frau gesehen hat, die beim Manövrieren 2 m danebenstand, bleibt ihr Geheimnis. So wird es Abend, und Marianne bereitet eine sensationelle Lasagne zu, als perfekten Einstieg für den Match.

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OK, es war ein Superspiel, mit einem verdienten Sieger, wie schon erwähnt, ich hätte es Juve eher gegönnt.

 

Sonntag 4. Juni (Pfingsten)

Bei aufgelockerter Bewölkung mit Sonnenschein starten wir nach dem üblichen Morgenritual dem Trondheim-Fjord entlang. Nach 5 km fahren wir zu allem Überflüss auch noch an meinem eigentlich geplanten Aufenthaltsort (Storsand Gård Camping) vorbei, so kommt nochmals leicht frustrierte Stimmung auf, die jedoch durch die schöne Landschaft schnell kompensiert wird.

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Es ist Frühstückszeit angesagt, unterwegs am Wasser, wo wir Fischerboote auslaufen sehen. Da Marianne heute die Stromkabel versorgt hat, frage ich ob sie den Übergangsstecker von der Schukodose auf den Schweizer Stecker auch mitgenommen hat. Ihr fragender Blick, was ich meine, ist bereits die Antwort. Wir haben ihn nicht. Ersatz-Stück vorhanden, denn die 50 km Rückfahrt hätte mich leicht genervt, um es mal sorgfältig auszudrücken.
Weiterfahrt auf der E6, der schnellsten Verbindung nordwärts, Verdal zu. Am Hafen sehe ich ein riesiges, gelbes Ungetüm, vermutlich eine Ölbohrplattform, die zusammengebaut wird. Die Fahrverbote und sonstige Hinweistafeln ignorierend finde ich nach 3 Versuchen den Weg zum Hafen, so ein Ding will fotografiert werden.

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Die technischen Bedürfnisse sind Befriedigt, nun suchen wir Stiklestad. Gemäss Karte sollten wir links abzweigen, die Wegweiser sagen aber rechts, also gehorche ich zur Abwechslung den Tafeln. Nach etwa 10 Km treffen wir beim Kulturzentrum ein. König Olaf verlor hier im Jahre 1020 das Leben, als er in Norwegen das Christentum einführen wollte. Er wurde bald darauf Heilig gesprochen, und das Land bekannte sich dann doch zum christlichen Glauben. Jährliche Festspiele vor 30'000 Zuschauer erinnern an den «Tell des Nordens», wie ich es mal in meiner Version ausdrücke. Leider ist wenig los, keine Vorführungen in den Hütten über Sitten und Brauchtum, wir sind wieder mal noch zu früh unterwegs.

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Neben der Olav-Kirche ist seit 2 Jahren auch eine russisch-orthodoxe Kirche augebaut, wo gerade der Gottesdienst fertig ist und wir mit russisch-norwegischen Leckerbissen verwöhnt werden. Vermutlich wollten sie uns als neue Mitglieder ihrer Kirche willkommen heissen. Nein, Spass beiseite, aber wir erleben es immerwieder dass hier im Norden die Menschen viel offener und kontaktfreudiger sind als wir verknorzten Schweizer. Kleines Beispiel gefällig; Fährt ein Zürcher Wohnmobil auf den Platz, Marianne plaudert kurz mit der Frau. Das Einzige was der Zürcher, sonst die grossen "Schnuricheibe", zu sagen hat, wohlverstanden nur zu seiner Frau, ohne guten Tag zu sagen, «komm!» Ohne weitere Worte.

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Straumen ist das nächste Etappenziel. Unterwegs erblickt Marianne eine professionelle Velopumpe, sprich Druckluftschlauch. Velotour ist angesagt, denn auf der Übersichtskarte sehen wir einen Veloweg dem Ufer entlang. Bild unten ist vom Borgenfjord.

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3 x Pleiten, Pech und Pannen. Erstens ist gerade Ebbe, die Flut setzt erst in ca. 2 h ein für den Gezeitenstrom, zweitens entpuppt sich der Veloweg als Wanderweg. Nachdem wir die Räder 2 x eine Treppe hoch schleppen mussten, brechen wir die Übung ab. Muss meine Norwegisch-Kenntnisse dringend verbessern. Und drittens fängt es zu allem Übel noch an zu regnen.

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Doch dann das ultimative High-Light des Tages! «Elch», schreit Marianne. Tatsächlich, im leichten Unterholz sehen wir für kurze Momente unseren ersten lebenden Elch in Freiheit. Bis meine Kamera startklar ist, verschwindet er natürlich längstens wieder. So taucht kurz nach Steinkjer unser Nachtlager auf, der Camping Folling Stua. Bei strömendem Regen geniessen wir im Trockenen die improvisierten Käseschnitten mit Gemüse, dank Backofen und Thermomix ein Genuss.

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Montag 5. Juni (Pfingstmontag)

Der Platz ist für 2 Nächte gebucht. a) das Wetter ist eher durchzogen, b) und das ist der eigentliche Grund, es ist Fischen angesagt. Wir warten bis alle Womos abgezogen sind für die schnelle Fahrt ans Kapp, und ab geht’s ans Ufer, Mariannes erste Angelversuche. Leider noch ohne Erfolg, Seegras haben wir in Hülle und Fülle rausgezogen. Als dann auch noch meine Schnur bei einem Auswurfversuch reisst und alles im See verschwindet, heisst es Übung abgebrochen, bevor sich die Fische noch totlachen. Aber wir geben nicht auf, es ist noch kein Fischer vom Himmel gefallen, wir kommen wieder, liebe Fische, und dann werden wir sehen, wer zuletzt lacht.

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PS: Der 2. Versuch gegen Abend war meinerseits noch ein grösseres Debakel, Schnur schon nach 5 Minuten gerissen, Übung abgebrochen. Marianne badet noch eine Weile die Würmer bis sie gewaschen sind, und dann geniessen wir im Campingrestaurant Lachs mit Kartoffelstock, lecker!
Abendstimmung am Snasavatnet.

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Dienstag 6. Juni

Schweissgebadet erwache ich am Morgen! Im Traume verfolgte mich ein Riesenfisch. Spring mal einem Fisch davon der auch laufen kann! Davon erzähle ich Marianne nur wenig, Fischen steht bei ihr momentan hoch im Kurs. Das Frühstück wird auf später verschoben, via E17 führt uns die Reise nach Namsos, zuerst am Breitstadsundet und dann am Lygnen-Fjord entlang.

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Kurz vor Namsos zweigen wir zum Sägewerkmuseum ab, das mit einer Dampfmaschine betrieben wird. Leider nicht in Betrieb, am nächsten Wochenende findet ein grosses Volksfest statt. Noch ein paar Blicke auf die Stadt und wir suchen auf der Naturstrasse den Weg zurück. Frühstück und Einkaufen ist angesagt, schliesslich ist es bald Mittag. Ja mit der Zeit nehmen wir es nicht so genau, wir essen je nach Lust und Hunger, oder was die Küche im Angebot hat.

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Im Coop-Center stocken wir unsere Vorräte wieder auf, setzen dank gutem Internetempfang unsere Website auf den neusten Stand, und staunen wer so alles auf dem Invalidenparkplatz seinen Wagen abstellt. Nicht dass ich etwas gegen Pontiac-Fahrer habe. Welche Behinderung der Fahrer hatte? Ich sah leider keine.

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Da es erst kurz nach Mittag ist und das Wetter noch hält, was der Frosch versprach, ziehen wir weiter, das Etappenziel heisst neu Rørvik mit seinen zig-tausend Schäreninseln. Die E769 startet komfortabel, wird aber immer enger und verlangt sorgsame Fahrkünste. Als es dann Lastwagen kreuzen heisst mitten in einer Steigung, bricht erneut Schweiss aus, diesmal aber nicht weil ich träume, sondern die nackte Realität fordert all meine Fahrkünste. Seitenspiegel einklappen und durch die Hölle, geschafft.
Kurze Entspannung auf einem Rastplatz am Nordspundafjord. Sauber mit gepflegten Tischen und Bänken, WC, Abfallentsorgung, super.

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Und schon sind wir auf der ersten Innlandfähre in Norwegen von Lund nach Hofles. An Deck spricht uns ein Norweger an, in sehr gutem Deutsch. Wir erfahren in 25 Minuten Überfahrt die halbe Lebensgeschichte des fast 80-jährigen Mannes. Deutschlehrer, Wohnhaft in Rokvik, fährt morgen an ein Klassentreffen mit dem eigenen Womo nach Narvik, hatte vor einem Jahr Chemo wegen Prostatakrebs, und hat Riesenplausch wieder mal sein Deutsch anzuwenden.

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So treffen wir nach kurzweiligem Geplauder auf der anderen Seite des Foldfjorden ein. Wir haben Pool-Position, nicht weil wir die schnellsten waren auf der anderen Seite, aber einer muss ja die Front einnehmen. Wir lassen aber all die eiligen Einheimischen vorbeiziehen und suchen gemütlich unser Nachtlager, den Nesset Camping, direkt an der Hurtigruten-Linie gelegen. So um 9 Uhr abends kreuzen sich das nord- und das südwärts fahrende Schiff. Die einheimische Blasmusik begrüsst die beiden Schiffe, und aus dem einten Schiff entsteigt eine Musik-Kapelle mit Akkordeon und unterhält die Leute. Nach einer Stunde fahren beide Schiffe weiter und wir suchen unsere eigenen Schlafkabinen auf.

 

Mittwoch 7. Juni

Blick aus der Koje unseres Womos auf die Wasserstrasse. Wetter gut, Stimmung gut, Frühstück gut, alles gut!

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Roller startklar, unsere Inselrundfahrt beginnt. Erster Halt nach wenigen Minuten in Rorvik. Der alte Fischerhafen, mittlerweile geschützt, lässt mich die ersten Fotos machen. Die Vögel sind glaube ich nicht geschützt, aber man weiss ja nie. Das Kystmuseum hat eine spezielle Architektur, die gefällt, Bootstouren werden leider erst in 2 Wochen angeboten.

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Über diese Brücke sind wir gestern angereist, ohne Gebühr, obwohl sie gerade saniert wird.

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Wir erkunden zu zweit auf unserem motorisierten 2-Rad die Insel und sind erstaunt was wir alles für Naturschönheiten antreffen. Als erstes treffen wir eine Schulklasse auf einem Veloausflug an, hart so gegen den Wind zu radeln. Dann sichte ich tatsächlich einen weiteren Elch. Anhalten, Foto Apart bereitmachen, Marianne pirscht sich heran, und der Elch ist weg. Sie meint, auf gelbe Jacken stehen Elche vermutlich nicht.
Als nächstes entdecken wir einen Windpark für Stromerzeugung. Blinker raus und die Strasse rauf. Eine Barriere versperrt uns den Weg, mit dem Roller kurve ich locker übers Gestein seitlich herum. So erreichen wir einen fantastischen Aussichtspunkt, mitten in all den drehenden Windrädern.

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Zurück auf die Hauptstrasse öffnet sich die Barriere automatisch, das nenn ich Service! Gehe davon aus, dass es versteckte Kameras hat und sie uns den Aufwand ersparen wollen mühsam den Roller über die Steine zu schieben.
So umrunden wir die Insel, finden selbst eine Tankstelle und einen Einkaufsladen, aber langsam reicht es für heute mit Eindrücken sammeln, der Hunger nagt, meine Beifahrerin wird langsam ungeduldig. Ewig die Stopps zum Bilder schiessen, ja das ist natürlich auch nicht immer lustig für Marianne, das dauernde rauf und runter vom Sattel. Schliesslich haben wir nicht Reitferien gebucht. Hier noch ein paar Eindrücke unsere Inselrundfahrt.

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Der Wind bläst böenartig, macht gar keinen Spass draussen zu sitzen, obwohl es sehr warm wäre. Unser Gefährt wird regelrecht durchgeschüttelt, hat man halt davon, wenn man den besten Platz zuoberst auf dem Hügel aussucht. Am Abend erweist uns dann die Hurtigrute "Mitternachtssonne" ihre Referenz.
Ja, die Sonne die nicht mehr untergeht und es 24 h Tag sein lässt, das ist unser nächstes grosses Ziel!

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Donnerstag 8. Juni

Mann war das eine stürmische Nacht! Der Wind und nicht wir beide liess das Womo die ganze Nacht schaukeln, richtig gerädert stehen wir auf und packen unsere Siebensachen. Als dann zu guter Letzt noch ein weisser Vogel namens Albatros mir auf mein neues T-Shirt "schei.....", ist der Mist gelaufen. Sturm in Ehren, kann auch nichts dafür. Nur weil ich die Biester nicht gefüttert habe ist das noch lange kein Grund für ein so "grosszügiges" Abschiedsgeschenk! Bei zwischenzeitlich bewölktem Himmel ziehen wir nordwärts an kleinen Fjorden entlang. Nur ab und zu kreuzen uns ein paar Autos oder wir lassen sie überholen. Es haben ja nicht alle Zeit die Landschaft zu geniessen, soll noch ein paar geben die Arbeiten.

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Die Route die wir gewählt haben schüttelt uns gleich weiter durch wie über Nacht. Eigentlich wäre die Insel Leka das nächste Ziel, aber mit dem Velo bei diesem Wind! Und ehrlich gesagt, wir wollen jetzt einfach langsam aber stetig nordwärts, die Fahrt bis ans Kapp ist noch lang. Wir schwenken auf die E17, gemäss unseren diversen Reiseunterlagen die schönste Strecke an der norwegischen Küste entlang. Karte benötigst Du keine mehr, immer dem Wegweiser Kystriksveien entlang. Schon erreichen wir die erste von sechs Fährverbindungen auf der gut 600 km langen Traumstrasse. Sie führt von Holm nach Vennesund, Fahrzeit knapp 20 Minuten.

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So erreichen wir Brønnøysund, der Torghatten, der Berg mit dem Loch ist unser nächstes Ziel. Wir parken gratis auf dem offiziellen Touristenparkplatz, hat es doch grosszügig Platz für unser Gefährt. Wanderschuhe (uns kamen so typische Touristen in Flip-Flops entgegen), Fotoausrüstung, was zum Trinken, und los geht’s bergauf. Nach einer knappen halben Stunde stehen wir am Eingang des Tunnels. 160m lang, 35m hoch und 15m breit. Beeindruckt durchschreiten wir diesen mystischen Gang. Wir entscheiden uns für den Abstieg auf der anderen Seite, obwohl als eher gefährlich bei der Infotafel erwähnt. Problemlos erreichen wir wieder Meereshöhe, umrunden den Berg und schon sind wir wieder beim Parkplatz.

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Am anderen Ende des Riesenlochs hat man je nach Wetter- und Lichtverhältnissen einen traumhaften Ausblick auf die Schärenwelt. Sogar Seeadler können mit etwas Glück gesichtet werden. Trotz Adleraugen sehen wir nichts anderes als die weissen Dinger die einem die T-Shirt's verkaken.. 

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Wir fahren zurück nach Brønnøysund über die imposante Brücke und treffen gerade die Hurtigruten, die den Hafen verlässt. Von hier aus könnte man eine Mini-Kreuzfahrt südwärts nach Rorvik und wieder zurück machen am gleichen Tag und wäre um Mitternacht wieder zurück.

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Im Hafen sehen wir das Schild, dass wir genau die Hälfte der Küste bis ans Nordkapp erreicht haben.

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Ja, wenn das noch so weit ist, dann fahren wir noch ein paar Kilometer! Es bleibt ja lange hell, so tuckern wir weiter nordwärts. Nach kurzer Fahrt erreichen wir schon Fähre 2 von Horn nach Anddalsväg, Fahrzeit ca. 20 Minuten. Eigentlich wollen wir Nachtlager aufschlagen, aber nach 17 km kommt schon die nächste Fähre, also packen wir’s und fahren als letzte auch noch drauf. Komisch, es sind die genau gleichen Autos wie bei der letzten Fähre, da durften wir ja nicht fehlen. Sie führt von Forvik nach Tjøtta und die Fahrzeit beträgt fast eine Stunde, die wie im Fluge vergeht. Ab und zu guckt die Sonne hinter den Wolken hervor und zaubert spezielle Abendstimmungen herbei.

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In der Ferne sehen wir die berühmten 7 Schwestern (Sju søstre), die sich schneebedeckt majestätisch vom Meer weg auftürmen. Man könnte sie alle 7 besteigen, aber so 7 Schwestern an einem Tag ist uns doch etwas zu viel. Und da wir uns nicht auf einen der Gipfel einigen können lassen wir es für heute sein, es ist schliesslich schon kurz vor 22 Uhr.

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So ist ein Schlafplatz gesucht. Beim Friedhof wird ausdrücklich darauf hingewiesen keine Wohnmobile. Also wir hätten da niemanden gestört. Kein Problem, in Sandnessjøenandnessjøen hat es sicher Stellplätze am Hafen wie überall. Denkste, nichts zu finden, also parken wir mitten in der Stadt auf einem Parkplatz, bis 9 Uhr am Morgen gratis. Nachtessen reklamiere ich, nach so langer Fahrt muss noch was in den Magen. So hat die Küche keine andre Wahl als den Herd noch in Betrieb zu setzen, respektive der Grilleur ist ebenfalls gefragt. Anschliessend schlendern wir um Mitternacht noch durch den Ort auf der Suche nach einem Glace, das ich der Köchin versprochen habe. Leider alles geschlossen, nur auf den Fischerbooten wird noch gearbeitet.

 

Freitag 9. Juni

Unser «Nachtlager» (es wird ja nicht mehr dunkel) am Morgen danach. Geneigter Leser wird sich fragen wieso unbedingt so nahe am Felsen. Dann bitte ein paar Seiten zurück, es gab mal keinen Felsen der den Wind abhalten sollte, diesmal wurde kein Risiko eingegangen.

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Je später ins Bett desto früher wird aufgestanden. Marianne will unbedingt die Erste am Fischmarkt sein. Also auf die Zähne beissen und sich nichts anmerken lassen, dass diese schon am Vorabend gereifte Idee, nicht überall auf Gegenliebe stosst. So trabe ich mit Fotoausrüstung bewaffnet hinterher. Ja Mensch Scheiber, wo bleibt denn der Fischmarkt. Eine halbe Stunde später, langsam stehen auch die arbeitenden Menschen auf und beleben Sandnessjoen, suchen wir einen Parkplatz am Hafen. Während ich auf Fotopirsch aus bin (Brücke und 7 Schwestern am Morgen) sucht Marianne im Laden Internetanschluss, so haben beide mit der nötigen Distanz etwas zu erledigen.
Mit über einem Kilometer Länge ist die Helgelandbrücke eine der längsten Stahlseilbrücken der Welt. Ja, eine Reise in Norwegen der Küste entlang ist keine Geradeausfahrt, die Fjorde und Berge müssen auch überwunden werden. Wir Schweizer sind uns ja Tunnel- und Brückenbau auch gewohnt inkl. der notwendigen Fahrkunst, die ab und zu von nöten ist, wenn die Strassen gerade etwas abgenommen haben, ich meine etwas eng geworden sind.

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Ein letzter Blick zurück auf den Ort wo wir die Nacht verbracht haben, und los geht die Fahrt in einen neuen Tag mit neuen Eindrücken und Abenteuern.

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Schon bald ist wieder mal fertig mit Teerstrasse, die Wasserroute ist gefragt. Wir warten auf die Fähre von Levang nach Nesna. Was die vielen Womos auf der anderen Uferseite (Stellplatz) machen, etwa fischen am Fjord? 

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Die Fahrt auf dem Wasser dauert gut eine halbe Stunde und bot einige landschaftliche Schönheiten und den überraschenden Besuch der Hurtigruten «Nordkapp», welch ein Wink mit dem Zaunpfahl.

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Von Nesna führt uns die Reise mal zuerst 40 km den Siona-Fjord hinein und dann auf der Gegenseite wieder zurück Richtung Meeresküste. Wer gedacht hat das wird eine lockere Küstenfahrt wird bald eines besseren belehrt. Plötzlich sehe ich die Tafel «Kettenplas». He, ich habe keine Ketten dabei, das wird doch wohl nicht in die Berge gehen? Nein, Schnee fanden wir nicht mehr auf den Strassen, aber die Strasse führt zügig den Berg hinauf mit bis zu 10 Steigungsprozenten. Oben werden wir auf einem Parkplatz mit wunderbarer Aussicht belohnt.

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Jede Bergfahrt ergibt zwangsläufig eine Talfahrt, das ist beim Wandern, Skifahren und unterwegs mit unserem Gefährt genau das Gleiche. Mit entsprechender Vorsicht steuern wir wieder talwärts. Um 14 Uhr würde die nächste Fähre loslegen, gemäss Navi reicht das noch knapp, also etwas zügiger bitte schön. Einfacher gesagt als getan, es gibt Schlaglöcher, enge Stellen, unterbelichtete Tunnels und Einheimische die zügig unterwegs sind. Es schüttelt ab und zu, auch den Anhänger was einem Spannset das Leben kostet. Also bitte, etwas piano! 5 Minuten vor Abfahrt erreichen wir die nächste Fähre von Kilboghamn nach Jektvik, die uns über den Polarkreis führt. 60 Minuten Pause und wunderbare Aussicht auf die nähere und weitere Umgebung.

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Auf so einer Reise trifft man immer wieder mal die gleichen Leute oder wenigstens Personen, die eine ähnliche Sprache parlieren, an. In perfektem Zürcher Dialekt höre ich nur sagen, «das mues en Schwiizer si. Churzi Hose, T-Shirt, und Socke bis unders Chnü mit Sandale!» Ende der Durchsage. Zum Glück hatte ich nicht weisse Socken an, sonst hätte er noch bemerkt dass wir Aargauer wären, was wir ja eigentlich gar nicht sind. Das isch ender ä Ürner Stiärägrind!

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Beim Verlassen der Fähre halten wir uns immer rechts ran und lassen alle überholen. Später sehen wir sie doch wieder, wenn sie, wie die beiden Österreicher, uns 2 mal innert einer halben Stunde überholen, weil sie eine falsche Abkürzung erwischt haben. Auf der Fahrt Richtung Tjongsfjord erleben wir die Faszination dieser Route hautnah. Fast nach jeder Richtungsänderung kannst du nur staunen und wieder und wieder den Fotoapparat zücken. Mir ist es bewusst, es sind fast immer die gleichen Bilder, blauer Himmel, blaues Wasser, schöne Berge, schöne Wiesen und Wälder. Liebe Leute die ihr das noch nicht gesehen habt, ihr habt in eurem Leben was verpasst.

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In Ågskardet warten wir auf die Fähre nach Forøy. Es ist die Letzte in der Kette, sie soll uns Richtung Holandsfjorden bringen, dort wartet eine weitere Sehenswürdigkeit auf dieser Route. Warten bei schönen Wetter lohnt sich immer, die Landschaft präsentiert sich wie bei einer Bewerbungspräsentation für Visit Norway.

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Ein paar Kurven dem Fjord entlang und schon wird man mittels Hinweistafel auf den Parkplatz geführt. Der Svartisengletscher, Norwegens 2. Grösstes Gletschermassiv präsentiert sich in Postkartenformat. Wir bleiben sicher eine Stunde auf der Bank sitzen und staunen nur was wir an Naturschönheit erleben dürfen. Irgendwie können wir die letzten zwei Tage nicht mehr richtig einordnen was wir alles erlebt und gesehen haben, die Eindrücke überwältigen uns. Früher reichte der Gletscher bis fast an den Fjord und wurde von den Hurtigruten-Schiffen noch besucht. Ob nur immer die globale Erderwärmung am Schmelzen schuld ist, darüber ist sich die Wissenschaft nicht einig.

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Eigentlich wäre für morgen die Wanderung zum Gletscher vorgesehen. Auf Grund besorgniserregenden Warnungen aus dem nächsten Familienumfeld verzichten wir auf den Fussmarsch. Wir sollen ja genug zu Essen und Trinken mitnehmen, der Weg ist extrem Anstrengend usw. Da mein Formaufbau noch keine solchen Strapazen erträgt, blasen wir die Übung Svartisen schweren Herzens ab. Die Fotos entschädigen mehr als genung. Das Boot hätte uns wenigstens über den ersten See gebracht, und so nahe hätten wir zum Gletscher gehen können, aber eben, wir befolgen die Warnungen.

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Die Weiterfahrt durch den 9 Km langen Svartisentunnel erfolgt schweigend. Die Strasse ist nicht sehr breit, keine Mittelstreifen, zum Glück kam uns kein LKW entgegen. Den Glomfjord entlang suchen wir den nächsten Übernachtungsplatz, den wir in Reipa (Camping) auch bald finden und schon bald von schönen Bergen, Seen, und, und, und, träumen. Warum eigentlich so weit fahren um Berge anzuschauen, haben wir doch in der Schweiz mehr als genug?

 

Samstag 10. Juni

Noch gut 160 Km stehen uns bevor, dann haben wir die norwegische Touristenstrasse E17 der Küste entlang geschafft. Wir sind auch ein wenig geschafft von den vielen Eindrücken, die man auch verarbeiten muss. Doch was soll's, wir geniessen es einfach, Petrus meint es mit dem Wetter mehr als gut, einfach genial. Frühturnen auf der Wiese bei diesem Prachtstag, das macht richtig Spass. Sorry, kann während meiner Sportaktivität nicht fotografieren, ihr könnt es euch aber sicher gut vorstellen, meine sportliche Betätigung, oder?.

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Auf der Karte sieht die Route gemütlich den Fjorden entlang aus. In Tat und Wahrheit ist es ein stetes rauf und runter wiederum bei prächtiger, abwechslungsreicher Gegend, wie die Bilder zeigen.

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Als letztes spezielles Ereignis bestaunen wir den Saltstraumen, wo die Gezeitenströmung besonders eindrücklich zu bewundern ist. Parkieren problemlos beim Coop, wir sind ja treue Einkäufer auf der Reise. Also ich möchte da nicht wie die Fische durchschwimmen müssen bei diesen lebensgefährlichen Strömungen. Imposant schwingt sich die Brücke darüber, Wagemutige befahren mit einem Schnellboot die Strudel. Überall wird Adrenalin pur geboten, mir reicht das beschauliche Staunen ob all den Naturschönheiten bereits. Zahlreiche Fischer umsäumen das Ufer, es sollen schon Rekordlachse gefangen worden sein. Leider ist die Rute von Marianne für solche Fische zu schwach, so geniessen wir Anschauungsunterricht wie ein Herr einen etwa 80 cm langen Lachs rauszieht.

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Wir sagen den schneebedeckten Bergen tschüss und wenden uns Bodø zu.

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Nahe dem Fährhafen nach den Lofoten-Inseln gibt es bei der Esso-Tankstelle einen einfachen, gekiesten Stellplatz. Kosten 100 Kr plus 50 Kr für Strom. Für nichts ausser dass man ohne Einwände hier übernachten darf, sehr teuer. Was wir nicht berücksichtigt haben ist, dass der Preis inkl. Nachtunterhaltung kalkuliert ist. Bis morgen um 2 Uhr laute Musik, Gelächter und Geschwatz, nun ja, dafür nahe der Stadt und morgen früh schnell auf der Fähre.

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Mit den Rädern ziehen wir in die Stadt. Vorgängig erkunden wir uns wann genau die Fähre nach Moskenes zu den Lofoten fährt. Um 7 Uhr oder 11 Uhr. Als Frühaufsteher ist es eh schon klar dass wir die frühere Fähre nehmen werden. Reservieren müssen wir nicht, um diese Jahreszeit hat es genügend Platz. In der Hochsaison ein absolutes Muss, sonst wartet man vielleicht mehr als einen Tag bis zur Überfahrt.
Die Stadt selber bietet nicht gerade ein Überangebot an Sehenswürdigkeiten. Im 2. Weltkrieg wurde Bodø komplett zerstört und dann relativ phantasielos wieder aufgebaut. Mir hat das spezielle Einkaufszentrum noch gut gefallen. Auch die Hafenanlage mit den vielen teuren Booten ist übersichtlich aufgebaut. Speziell ist noch der freistehende Kirchturm und die Militärfestung zu erwähnen. Aber vielleicht sind unsere Sinne auch etwas überreizt nach so viel Erlebtem die letzten Tage.

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So, das waren unsere Erlebnisse und Eindrücke der Kystriksveien von Steinkjer nach Bodø. Dank Wetterglück einfach genial was wir alles zu sehen bekamen. Und es hätte noch so vieles mehr zu bewundern und bestaunen gegeben. Verschiedene Inseln wären noch einen Besuch wert gewesen, Kulturdenkmäler, und noch vieles mehr. Küstenstrasse, wir kommen wieder, irgendwann, du hast uns in deinen Bann gezogen.
Weiter geht nun unsere Reise auf den Lofoten, wo wir im 4. Teil unseres Berichtes wieder ausführlich mit Wort und Bild euch informieren.