Teil 1 Deuschland

Reise Nordeuropa ab Ostern bis Herbst 2022, Teil 1 Deutschland

 

Mittwoch 20. April  Oberentfelden - Riedlingen

Nach wochenlanger Vorbereitungszeit starten wir unsere diesjährige Reise. Geplant war eigentlich via Baltikum nach Helsinki zu reisen und dort die geführte Tour Russland Nord mit Abenteuer Osten in der Gruppe zu absolvieren. Aber erstens kommt es anders als zweitens als man denkt. Der furchbare Krieg in der Ukraine führte dazu dass die Reise abgesagt wurde, absolut logisch, freiwillig fahre ich nicht mehr in dieses Land, solange dieser Diktator das Land regiert.
Nun freuen wir uns via Deutschland, Dänemark, Schweden nach Finnland zu fahren um dann später wieder via Schweden, Norwegen, Dänemark und Deutschland im Herbst nach Hause zurückzukehren. Ist das dann noch unser zuhause? Nach so langer Zeit werde ich mich im trauten Heim zuerst wieder an die grossen Räume gewöhnen müssen. Zur Vorbereitung gehört zB auch auf den Closomat zu verzichten, der Allerwerteste muss sich an das rauhe Papier gewöhnen!
Alles gepackt, Küche geräumt, Roller und Räder verladen, Womo gereinigt und vollgetankt, und schon heisst es Abschied nehmen von all unseren Lieben, seien es die Nachbarn oder die Familie. Da dürfen auch ein paar Tränchen fliessen, aber wir kommen hoffentlich gesund und munter wieder zurück, auch wenn es eine lange Zeit ist bis im Herbst. Auf dem Tacho zeigt es genau 39200 km an, mal gespannt wie viele km wir fahren.

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Unser erstes Ziel heisst Kfz-Zulassungsstelle Waldshut. Beim Wechsel unserer Frontscheibe wegen eines Steinschlags wurde das grüne Pikerl zerstört. 15 Minuten später, Anmeldung bei Schalter 1, Ausfüllen eines Formulars, weiter zu Schalter 11, Kontrolle des Fahrzeugausweises, ah Sie haben ein Wohnmobil, zurück zu Schalter 1 mit einem anderen Formular, bezahlen von 5 Euro, zurück zu Schalter 11, und schon bin ich stolzer Besitzer eines grünen Klebers der mir erlaubt in die Städte hinein zu fahren ohne schlechtes Gewissen, dass ich die Umwelt zu stark belaste! So funktioniert Umweltschutz in Deutschland.
Auf der B311 kommen wir zügig voran und erreichen schon bald unser Tagesziel Riedlingen. Wir erwischen grad noch den letzten Gratis-Stellplatz für Wohnmobile. Notfalls hätten wir auch 2 PW-Parkplätze besetzt.

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Zu Fuss erkunden wir das kleine Städtchen am Fusse der Donau. So harmlos wie heute fliesst die junge Donau nicht immer. 1995 gab es die letzte grosse Überschwemmung, seither wurden mehrere Millionen in Schutzmassnahmen investiert. Der Charme der Fachwerkhäuser gefällt, wir entschliessen uns das Nachtessen in einem Restaurant zu genehmigen, Küche geschlossen.

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Donnerstag 21. April  Riedlingen

Heute ist Radtour der Donau entlang auf dem Programm. Da nach wie vor die Bise recht zügig bläst, entscheiden wir mit dem Zug nach Blaubeuren zu fahren und dann die 60 km zurück nach Riedlingen mit Rückenwind zu bewältigen. Man wird ja auch nicht jünger! Problem 1; Konnte ich vor 2 Jahren für den gleichen Zug noch mit dem DB App die Tickets lösen, funktioniert das heute nicht mehr, man wird glaub älter. Problem 2; Einstieg in den Zug, 4 hohe Einstiegstreppen hoch, zum Glück hilft uns ein netter Mann, der schon von weitem das Problem erkennt und sofort zu Hilfe kommt. Der Zug, 15 Min. zu spät, komplett überfüllt, aber er fährt und wir erreichen Blaubeuren.
Auch hier haben die Bahnhöfe keine Toiletten mehr, so erklärt uns ein gesprächiger Einheimischer, dass wir unbedingt den blauen Topf besichtigen müssen, dort hat es auch Toiletten. Gesagt getan, schon stehen wir an besagtem Topf. Glaub, vor etwa 10 Jahren waren wir schon mal hier. Kleine Stärkung in Cappuccino-Form, noch ein Rundgang durchs schmucke Örtchen und endlich starten wir die 60 km.

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Malerische Fahrt der Ach, einem Zufluss der Donau, entlang bis Schelkingen und schon plagt wieder ein Magenknurren die Motivation. Nichts ist, bis Ehingen heisst es auf die Zähne beissen.

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Auf dem Rathausplatz von Ehingen findet Marianne erstaunlich schnell eine Metzgerei und schon speisen wir inkl. Radler von der Bäckerei Mittagsvesper. Einfach herrlich die gut signalisierten Radwege, es macht so richtig Spass mit Rückenwind heimwärts zu radeln. Nach so viel Kalorienverbrauch ist eine richtig feine Berchtoldbratwurst genau das Richtige.

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Freitag 22. April  Augsburg

Abschied von Riedlingen, erste Versuche mit der Drohne haben geklappt. Man sieht die nähere Umgebung aus der Vogelperspektive, echt super so ein Teil, herzlichen Dank Sebastian dass wir das Fluggerät mitnehmen durften.

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Heutiges Ziel ist der Stellplatz Wertach in Augsburg. Als wir kurz nach Mittag ankommen hat es noch viele freie Plätze, am Abend nach dem Stadtbummel durch Augsburg ist der Platz gefüllt. Kosten 8 Euro pro Tag, Entsorgung gratis, Wasser 80L 1 Euro, Strom 2 kWh 1 Euro. Dank unseren Solarzellen brauchen wir keinen Stromanschluss, wir sind autark unterwegs.

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Mit den Rädern erkunden wir die Stadt, reservieren für morgen eine Führung zum Thema Wasser- und Energiestadt dieses UNESCO Weltkulturerbes. Die Stadthektik sind wir uns grad nicht so gewöhnt, doch mit den Rädern kurven wir durch Strassen und Gassen, bevor wir heimwärts radeln. Schlemmerfilets zum z’Nacht und die Beine hoch, so lassen wir den Abend ausklingen.

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Samstag 23. April  Augsburg

Um 11.30 Uhr haben wir die Führung «UNESCO Welterbe des Augsburger Wassermanagement-System» gebucht für 12 Euro pro Person. Dauer 2 h, etwa 4km Fussmarsch durch Augsburg. Interessante Führung, gut erklärt, spannend was da seit dem 13. Jahrhundert gebaut wurde um die Stadt mit Wasser zu versorgen. Ein Kanalnetz für Industriewasser, Wassertürme um das Wasser in die höher gelegenen Stadtteile zu fördern, später Pumpsysteme, Holzleitungen um die Häuser mit Trinkwasser zu versorgen. Eine wassergekühlte Stadtmetzgerei, monumentale Brunnen und Wasserkraftwerke, die heute noch in Betrieb sind, all das erfahren wir auf dem Rundgang.

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So ein Rundgang lässt den Magen knurren, Verpflegung im Restaurant das an die Fuggerei angegliedert ist gibt neue Energie. Anschliessend besichtigen wir diese älteste noch bestehende Sozialsiedlung der Welt, Baubeginn 1521. Hier wohnen in 67 Häusern und 142 Wohnungen bedürftige Leute für eine Jahreskaltmiete von 0,88 Euro und täglich 3 Gebeten. Während dem 2. Weltkrieg grösstenteils zerstört, die Leute überlebten im Bunker, welcher mit Zeitdokumenten aus dieser Zeit auch besichtigt werden kann. Wahrlich eindrücklich was hier entstanden ist.

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Da wir zu unserem täglichen Cappuccino noch etwas gar viel an Süssigkeiten genascht haben, fällt das Nachtessen aus und wir gucken zur Abwechslung mal Schweizer TV.

 

Sonntag 24. April  Augsburg - Markkleeberg (Leipzig)

Auf Grund der Wetterlage haben wir den Besuch von Nürnberg gestrichen und visieren direkt den Campinghof Bartl in Markkleeberg nähe Leipzig an. 400 km Regenfahrt aber ohne LKW am Sonntag, da fährt man viel entspannter und praktisch ohne Staus.

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Montag 25. April  Markkleeberg

Der Himmel zeigt sich bedeckt, so lassen wir den Tag sehr gemütlich angehen. Am frühen Nachmittag lockert sich die Bewölkung und die Sonne zeigt sich zaghaft. So starten wir unsere Räder und planen eine Seenrundfahrt. Wir staunen, da wo heute eine fantastische Seenlandschaft pures Freizeitvergnügen garantiert, baggerten vor 30 Jahren Bergarbeiter noch nach Kohle.

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In Markkleeberg präsentiert sich das Rathaus umrahmt von Blüten- und Blumenzauber. Auf einem Plakat sehen wir Helene Fischer, die heute ein Konzert in Leipzig gibt, leider haben wir keine Tickets ergattert.

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Gute ausgebaute Radwege führen uns zum Aussichtsturm Bistumshöhe. Auf 35m Höhe nach 180 Treppenstufen bestaunen wir den Rundblick auf den Cospudener See und die ganze Weite der Landschaft. Da soll früher Kohle abgebaut worden sein, einfach kaum zu glauben.

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Weit weg erblicken wir das Völkerschlachtdenkmal, mit dem Teleobjektiv lässt es sich heranzoomen und lässt die Grösse dieses Monuments erahnen.

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Die Fahrt durch die Naturlandschaft begeistert uns, was läuft hier wohl im Sommer ab wenn erst die Leute aus der Stadt sich hier an der Sonne vom Alltag erholen. Eindrücklich das Zusammenspiel zwischen Natur und Technik, früher Kohlekraftwerk, heute Atomreaktoren. Ja woher die Energie nehmen, wenn wir sie nicht stehlen können, Frau Sommaruga, immer noch Gaskraftwerke in Planung?

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So kurven wir heimwärts, werfen den Grill an und lassen einen weiteren eindrücklichen Tag Revue passieren.

 

Dienstag 26. April  Leipzig

Morgenstund hat Gold im Mund, so starten wir bei strahlendem Sonnenschein aber kalten Temperaturen unsere Erkundungstour der Stadt Leipzig per Rad. Via Markkleeberg der Hauptstrasse entlang neben Tramgeleisen aber mit breitem Radstreifen radeln wir dem Zentrum zu. Beim Wilhelm-Leuschner-Platz erreichen wir den Altstadtrand und bestaunen sogleich das neue Rathaus. Seit 1905 Sitz der Stadtverwaltung prägt der 115m hohe Rathausturm das Stadtbild. Er gilt als der höchste Deutschlands und blieb im Bombardement des Krieges fast unversehrt.

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Den Fussrundgang starten wir bei der Touristeninfo und führt uns als erstes auf der Katharinenstrasse zum Marktplatz. Hier präsentiert sich das alte Rathaus, heute als stadtgeschichtliches Museum, im Sonnenglanz. Das Königshaus, als Merkmal mit Erker über alle Geschosse, beherbergte früher Fürsten und Kaiser, samt Anhang natürlich!

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Via Naschmarkt erblicken wir die alte Börse mit dem Goethedenkmal. Obwohl er nur 3 Jahre seines Studiums ohne Abschluss hier verbrachte, widmet man ihm eine Statue. Ja, wir sind nur 1 Tag hier, da wird von Scheibers nächste Woche eh niemand mehr sprechen!

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Ein paar Schritte weiter sind wir schon in der Mädler Passage, der wohl prachtvollsten Passage Leipzigs. Bekannt vor allem wegen dem Auerbachs Keller, wo Goethes Faust handelt. Nur am Abend zum Essen geöffnet, teilweise mit Theateraufführungen verbunden.

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Wieder am Sonnenlicht ist die Thomaskirche unser nächstes Ziel. Blütenpracht an den Bäumen zeigen uns die Jahreszeit unseres Besuchs eindrücklich. Sie ist das Gotteshaus der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde St. Thomas. Hier wirkte Johann Sebastian Bach als Kantor des Thomanerchors. In der Kirche befindet sich sein Grab, vermutlich, da die Kirche im Krieg stark beschädigt wurde. Draussen steht ein Denkmal für den berühmten Leipziger Mann.

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Auf dem Weg zum Augustus-Platz kommen wir noch bei der Moritzbastei vorbei. Heute ist die sanierte Stadtbefestigung von Leipzig ein Veranstaltungs- & Kulturzentrum für die junge Generation.

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Der Augustusplatz beeindruckt alleine schon wegen seiner Dimension. Im Herbst 1989 trafen sich hier zigtausend Menschen um gegen das Regime der alten DDR zu protestieren und für Freiheit und Demokratie zu kämpfen. Mit Erfolg, Werte die gerade in der heutigen Zeit nie vergessen werden sollten. Mendebrunnen mit Blick auf die Universität, Opernhaus und auf dem Dach des Krochhochhauses erblicken wir 2 Männer, die den Stundenschlag mit ihren Hämmern schlagen.

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Als eines der Highlights besuchen wir die Nikolaikirche, die älteste und grösste Kirche Leipzigs. Im Herbst war die Kirche immer wieder Ausgangspunkt der friedlichen Revolution in der DDR. Man traf sich zum Gebet und marschierte danach durch die Strassen um für die Werte der Freiheit zu demonstrieren. Auch heute treffen sich viele Leute um Gebete für den Frieden in der Ukraine auszusprechen.

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Leipzig besitzt den flächenmässig grössten Kopfbahnhof Europas mit riesigen überdachten Stahlkuppeln. Das Hauptgebäude ist fast 300m breit und im Untergeschoss wie bei vielen grossen Bahnhöfen mit zig Einkaufsläden bestückt.

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Ja, so viele Eindrücke hinterlassen Spuren und einen knurrenden Magen. Currywurst und Fischbrötchen, noch etwas dem bunten Treiben zuschauen und bald treten wir den Heimweg mit unseren Rädern an. Halt, ein Wahrzeichen fehlt noch, das Völkerschlachtdenkmal. Gewaltig, eindrücklich, es erinnert an eine der grössten Schlachten von 1813 als Napoleon geschlagen wurde.

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Wahrlich, Leipzig hat uns sehr gut gefallen, einen Besuch können wir nur wärmstens empfehlen.

 

Mittwoch 27. April  Markkleeberg Radtour

Direkt vor unseren Füssen wurde bis in die 90 Jahre des letzten Jahrhunderts Kohle abgebaut und heute staunen wir über die Seenlandschaft verbunden mit einem schönen Naherholungsgebiet. So radeln wir zum Bergbautechnikpark um etwas über die Geschichte des Kohleabbaus und die Renaturierung zu erfahren. Der Radweg führt direkt am Wildwasserpark vorbei, der auch im Zuge der ganzen Rückbauarbeiten entstand. 2 Gummiboote stürzen sich den Kanal runter, geführt je von einem Guide. Nichts für uns, den Kindern scheints Spass zu machen am Geschrei das zu hören ist.

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Im Technikpark, Kosten 7 Euro pro Person, sehen wir zuerst einen Film über den Abbau und den Rückbau im Gebiet Espenhain. Zu bewundern sind die Stahlkolosse, Zeitzeugen vergangener Tätigkeiten. Wir lernen wie die Kohlenflöze vor etwa 300 Millionen Jahren entstanden und welch gewaltige Maschinen im Einsatz standen um die 2 Flöze von 10m und 18m abzubauen. Im Tagebau Espenhain wurde auf einer Fläche von 40 km2 1700 Mio. t Material abgebaut und 565 Mio. t Kohle gewonnen. 1996 wurde der Abbau eingestellt. Zahlreiche Dörfer verschwanden von der Landkarte, 8000 Menschen wurden mehr oder weniger freiwillig umgesiedelt, gefragt wurde in der DDR nicht! Durch die Rekultivierung entstanden der Störmthaler und der Markkleeberger See.

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Es gäbe noch sehr viel interessantes zu Berichten, wer mehr wissen will weise ich auf die diversen Links hin, die jeweils farbig markiert sind im Bericht.

 

Donnerstag 28. April  Halle - Delitzsch - Bad Düben

Als Abschluss unseres Kurzaufenthalts in Sachsen machen wir unsere Kawasaki J300 startbereit. Geplant ist eine Rundreise von etwa 170 km Richtung Halle, Delitzsch, Bad Düben zurück über Wurzen zum Camping Bartl. Am Morgen fühlt es sich doch recht frisch an, so sind wir froh in Halle im warmen Raum des Restaurants der Galeria Kaufhof unser Frühstück einzunehmen. Der Blick auf den Roten Turm, obwohl er nicht oder nicht mehr Rot ist, hier zuoberst auf der Gartenterrasse entschädigt für die kalte Fahrt. Wir bummeln noch etwas durch die Fussgängerzone von Halle, knipsen noch die Statue von Händel und starten gestärkt bei wesentlich wärmeren Temperaturen ostwärts.

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Das Barockschloss in Delitzsch wird gerade von der Bundeswehr in Beschlag genommen, natürlich in friedlicher Absicht. Wir schauen das Schloss mit Garten von aussen an und reisen bald weiter nach Bad Düben.

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Was uns auf der Fahrt auffällt sind die riesigen Felder mit aktuell blühendem Raps sowie brauner Erde, wo in den nächsten Wochen Kartoffeln und allerlei Getreide wachsen sollte. Doch wo bleiben die Bauernhöfe und Wiesen für die Kühe? Gemäss Aussage einer Wohnmobilreisenden rentiert die Milchkuhhaltung auf den Feldern nicht mehr, die Tiere werden alle zu Hause im Stall gefuttert. Ja der Milchpreis, nicht nur in der Schweiz ein Thema. In Bad Düben ist Kaffeehalt inkl. kleinem Zusatz von etwas Süssem angesagt. Eigentlich ein netter Flecken, aber fast im Sekundentakt rattern LKW’s der grösseren Sorte vorbei. Hier an der Mulde gibt es ideale Rad- und Wanderwege im Landschaftsschutzgebiet der Dübener Heide. Sogar ein rotes Ufer gibt es, tatsächlich rot und nicht nur politisch angehaucht. Bald ist ja 1. Mai, hier im ehemaligen DDR Gebiet wird überall auf die politischen Anlässe hingewiesen.

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Zurück auf Feld 1, respektive zum Campingplatz Bartl. Wir können den Platz nur wärmstens empfehlen. Klein aber fein, familiär geführt, Reservation in der Hauptsaison zwingend notwendig, zB per Wats-App auf +49 178 406 1573, Stefanie Hentke freut sich auf Eure Anmeldung.

 

Freitag 29. April  Brandenburg

Wir entscheiden die nächste Etappe zu halbieren und geben dem Navigationsgerät den Stellplatz Stadtmarina Brandenburg ein. Vor der Abfahrt hat Aussendienst und Innendienst jeder seine Aufgaben. Pflicht Innendienst ist es zB die Knöpfe der Küchenschubladen gewissenhaft zu schliessen. Nicht dass ich dem Innendienst nicht vertraue, aber Kontrolle ist besser. Nun ja, das kleine Missgeschick kostet dem Innendienst was Feines aus einer Bäckerei! Im Wissen dass zwischen 11 und 13 Uhr Mittagspause ist, erreichen wir den Platz pünktlich. Einchecken war noch möglich, aber die 20m auf den Stellplatz fahren durften wir nicht mehr, hier herrscht Pflicht und Ordnung. Wir dürfen auch nicht vor der Kette warten bis um 13 Uhr, da kommen noch viele Leute von der Marina und der Platz muss noch vorbereitet werden usw. Mein Kommentar zu diesem Theater, Hauptsache Blond! So erlöst uns um 12.45 Uhr ein Mitarbeiter der Marina und öffnete die Kette, wir haben trotz eindringlicher Warnung natürlich vor der Kette 2 h gewartet! Also kleiner Tipp, erst nach 13 Uhr Anreisen, den Hinweis findet man auf der Website. Den Platz können wir ansonsten sehr empfehlen, ruhig gelegen und in Stadtnähe.

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Mit den Rädern unternehmen wir alsbald eine Besichtigung von Brandenburg an der Havel. Plauer Torturm und St. Gotthardtkirche sind unsere ersten Ziele. Die Taufkirche von Loriot (Vicco von Bühlow) wurde erstmals 1147 erwähnt, von diesen ersten Bauten ist natürlich nichts mehr zu sehen. 1972 zerstörte ein Kirchenbrand das Innere mitsamt Orgel. 2009 konnte dank Spendensammlung von Loriot die marode Taufkapelle saniert werden. Die Kirche wirkt sehr dunkel und düster, eher bedrückend als aufmunternd.

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Das Altstädtische Rathaus gilt als herausragendes Baudenkmal spätmittelalterlicher Backsteingotik. Bewacht wird das Rathaus von der Rolandsfigur, einem mittelalterlichen Volkshelden. Während dem Krieg wurde die Figur vor Bombenangriffen geschützt eingelagert und dann später neben dem alten Rathaus aufgestellt. Zum Glück, denn das neue Rathaus wurde im Krieg komplett zerstört.

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Die Jahrtausendbrücke verbindet die Altstadt mit der Neustadt und wurde 1929 anlässlich des 1000-Jahr Jubiläums der Stadt eingeweiht. Im April 1945 wurde die Brücke gesprengt, später wieder aufgebaut und 1995 aus Sicherheitsgründen abgebrochen. 1996 wurde die aktuelle Brücke eingeweiht.

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Die Radwege an der Havel führen durch Erholungs- und Wohngebiete. Ideal wenn du mit dem Boot direkt von der Wohnung zur Arbeit kannst! Die obligate Kaffeepause darf natürlich auch nicht fehlen. Im rustikal eingerichteten Cafe Bistro Melange stärken wir uns. Marianne bestellt einen Cafe Melange und ist enttäuscht, dass der Kaffee ohne Rahm serviert wird. Nach entsprechender Nachfrage wird ein starker Kaffee inkl. viel Rahm nachgeliefert. Unsere Tischnachbarin aus dem Allgäu und ich bestellen einen Radler, da kann nichts schiefgeben bei der Zubereitung, oder?

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Als letztes besichtigen wir den Dom St. Peter und Paul. 1165 begann der Bau, dem heute ein Kloster und div. Kulturelle Räume angegliedert sind. Die Wagner-Orgel zählt zu den bedeutendsten fast komplett original erhaltenen Barockorgeln in Deutschland. Viele Musikstudenten aus der ganzen Welt reisen extra nach Brandenburg um auf dieser Orgel ihre Prüfungsabschlüsse zu spielen. Die Kirche gefällt wegen seiner freundlich hellen Ausstrahlung. Die beiden Aufsichtspersonen in der Kirche sprach ich auf den Unterschied Reformiert / Katholisch an. Spontane Antwort, Luther riss den Kirchenprunk der Katholiken aus den Kirchen und predigte die Einfachheit der Kirche und nicht das Machtgehabe und den Protz der katholischen Kirchen. Aber glauben und beten tun beide Konfessionen an den gleichen Gott, möge er uns bald wieder Frieden bringen.

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Spannende Eindrücke aus Brandenburg, so kehren wir auf den Stellplatz zurück. Fischknusperli stehen auf dem Menüplan, lecker, mmh!!!

 

Samstag 30. April  Umgebung Brandenburg - Päwesin

Von der netten Frau im Dom haben wir den unverzichtbaren Tipp erhalten uns auf den Weg nach Päwesin zu bewegen. Ziel dort, die Bäckerei der Klosterschule, genannt Backwahn, der Backshop. Mit diesem kleinen Laden wurden Arbeitsplätze geschaffen und geben der Schule zusätzliche Einkünfte. Ein 100 Seelen Dorf, aber glaub halb Deutschland kommt hier Brot und Kuchen einkaufen. Bei unserem Eintreffen aktuelle Wartezeit 15 Minuten! Bei so grosser Auswahl hat man die Qual der Wahl, aber was Kleines gönnt man sich nach über 20 km harter Velofahrt auf topfebener Radstrecke.

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Die Radtour rund um den Beetzsee präsentiert uns wieder grosse Felder mit Spargelanbau oder Rapsfelder, die bis an den Horizont gelb blühen. Kurz vor Brandenburg fahren wir an der grossen Schleuse vorbei und beobachten die Manöver der Freizeitkapitäne und der professionellen Lastschiffe.

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Heute ist Küche geschlossen, wir verpflegen auswärts. In der Remise beim Dom speisen wir in gemütlicher Ambiente köstliche Gerichte. Kokos-Chili-Mango Süppchen, gemischter Salat, Kotelett vom Spanferkel, Zwiebelrostbraten, so lautet unsere Auswahl, können wir sehr empfehlen.

 

Sonntag 1. Mai  Malchow

Wir nehmen die nächste Reiseetappa unter die Räder, der Marina Stellplatz in Malchow ist unser Ziel für heute. Per "Zufall" führt uns unsere Reiseroute nochmals beim Backwahn in Päwesin vorbei. Eigentlich nur für ein Brot zum z'mörgele, doch Marianne kauft grosszügig ein. Zusätzlich ein Croissant, 3 Tortenstücke und einen Bienenstich werden mittransportiert. Auf meine Frage ob wir noch Gäste erwarten bekomme ich zur Antwort nein, hat mich grad so gelüstet! Die nächsten 30km erleben wir alte DDR Strassen, zusammen mit unserem Womo werden wir so richtig durchgeschüttelt, hoffe die Tortenstücke bleiben heil. Nach Frühstückspause auf Raststätte finden wir den Stellplatz auf Anhieb. Welch freundlicher Empfang im Gegensatz in Brandenburg. Sucht euch einen Platz, 20 Euro all inclusive, bezahlen wenn ihr weiterfährt. Die Plätze am Wasser sind leider ab diesem Jahr gesperrt, 50m Sperrgebiet wegen Naturschutz!

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Montag 2. Mai  Radtour Malchow

Die erste Tour führt uns um den Fleesen- und Kölpinsee nach Waren, etwa 60 km. Das Kloster Malchow, heute nicht geöffnet zum Besichtigen, sowie die Altstadt auf der Insel sind die ersten Ziele. Wegen der Drehbrücke entsteht in den Sommermonaten immer grosser Stau, da viele Boote sich auf Ferienfahrt befinden.

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Nach diesem kurzen Stopp in Malchow radeln wir weiter Richtung Waren. Teilweise super ausgebaute Radwege, teilweise Naturwege die gerade von einem Arbeitstrupp ausgeebnet werden. Aber immer herrlich in der Natur und nur selten auf Strassen, das macht richtig Spass. Das Wisentgehege besichtigen wir nicht und die Müritzfischer haben heute auch Ruhetag, ja der 1. Mai war vermutlich sehr anstrengend mit den vielen Besuchern.

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In Waren herrscht reger Tourismusbetrieb, an der Uferpromenade schlendert jung und alt entlang und geniesst den Sonnenschein. Wir stärken uns mit einer Kleinigkeit und radeln dann noch durch die Stadt. Die Krähe schaut dass niemand Abfall liegen lässt, sonst wehe dem Umweltsünder.....

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Rückfahrt nach Malchow auf wiederum guten Radwegen bestens beschriftet. Bei der Ferienresidenz in Fleesensee staunen wir wie viele Wohnungen und vor allem neu gebaute Häuser für die kommende Saison zu vermieten ist. Einheimische wohnen glaube ich an einem anderen Ort wo es vermutlich etwas günstiger ist. Grosser Golfplatz und Bootshafen sowie Kinderspielplatz runden das Angebot dieses Resorts ab. So kommen wir bald wieder zurück zum Stellplatz und geniessen ein feines Raclett mit Schweizer Käse.

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Dienstag 3. Mai  Plauersee

Die Visite Schwerin verschieben wir auf morgen, am Nachmittag starten wir eine kleine Radtour Richtung Plauersee. Aus der kleinen Tour wird dann schliesslich eine 60km Seeumrundung! In Plau, dem grössten Ferienort am See, bestaunen wir nebst der Altstadt den Kanal mit der Hebebrücke. Wirklich ein etwas älteres Modell, aber funktioniert immer noch.

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Unterwegs kaufen wir noch Spargeln, Bratwürste und eine Kümmelwurst beim Bauernhofladen neben dem Bienenmuseum vor Karow. Langsam knurren unsere Mägen, so radeln wir zügig weiter. Wobei die Vorspeise erwische ich unfreiwillig beim Durchqueren von zig Mückenschwärmen, Finnland lässt grüssen. In Malchow wird das neuere Modell der Kanalbrücke präsentiert. Die 10-jährige Drehbrücke lässt hier immer zur vollen Stunde den Vortritt vor dem Strassenverkehr. Die Pause lässt den Blick zum Kloster bei Sonnenuntergang erleben, bevor wir zurück zum Womo brausen.

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Mittwoch 4. Mai  Schwerin

Früh am Morgen, also so 8.30 Uhr heisst das bei uns, starten wir mit dem Roller die 80km nach Schwerin. Es fühlt sich recht frisch an, aber bei guten Strassenverhältnissen brausen wir mit 90km/h auf der Landstrasse westwärts. Einen Roller kann man auch in der Stadt immer problemlos und gebührenfrei parkieren, 100m neben dem Schloss Schwerin sogar noch offiziell markiert.

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6 Euro für mich und 4,50 Euro für Marianne, sie ist halt pensioniert, ich muss noch ein paar Wochen warten, dann darf ich auch vergünstigten Eintritt verlangen. Marianne getraut sich nicht sich als Rentnerin zu outen, ja sie sieht halt für ihr Alter schon noch toll und jugendlich aus! Das Schloss, heute Sitz des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern, wurde im laufe der hunderten von Jahren gebaut und umgebaut und wird auch Neuschwanstein des Nordens genannt. Alles im Internet nachlesbar für die Interessierten. Uns fasziniert der Prunk der ausgebauten Räume, die als Museum besichtigt werden können. Hier war nur das Teuerste gut genug, spezielles Ahornholz aus Kanada zum Beispiel. Sogar eine Heizung verfügte man vor 150 Jahren, die eingeladenen Gäste aus den diversen Königshäusern sollten nicht frieren müssen. Ja Adel musste Adel heiraten, so wurden die Besitztümer stetig vergrössert. Zum Glück wurde ich nicht in eine solche Familie geboren, sonst könnte ich nicht mit Marianne mit dem Wohnmobil so unbeschwerte Ferien geniessen!

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Auch der angrenzende Schlossgarten diente den Herrschaften zum Lustwandeln, ja hier liess es sich gut leben. Ob allerdings vor zig Jahren hier schon Tulpen blühten, steht nirgends geschrieben.

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Auch die Stadt als Ganzes gefällt, Wasser wirkt immer vorteilhaft. Im Pfaffenteich fährt sogar ein kleines Schiff für 2 Euro die rund 500m dauernd ringsum, wir sind aber sportlich unterwegs und laufen um See zu Fuss. Die Schelfstatt, ein Handwerkerviertel mit alten Riegelhäusern, zeigt uns auch das Leben des einfacheren Volkes die letzten Jahrzehnte.

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Der Schweriner Dom St. Marien und St. Johannis wurde zwischen 1270 und 1416 errichtet. Er ist eine Bischofskirche der Evangelisch-Lutherischen Kirche und gehört zu den Hauptwerken der Backsteingotik. Um 1970 war das Gebäude sehr baufällig und das Dach undicht. Nur mit Hilfe aus dem Westen konnte die Sanierung des Gebäudes und der Ladegast Orgel gegen Ende der 80 Jahre im letzten Jahrhundert abgeschlossen werden. Das mächtige Bauwerk ist 105 m lang und besitzt eine Gewölbehöhe von 26,5 m. Damit gehört es zu den größten Kirchengebäuden der Backsteingotik in Norddeutschland. Der neugotische Westturm ist mit 117,5 m der höchste Kirchturm Ostdeutschlands.

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Ja, das waren wieder viele tolle Eindrücke, die wir gerne auf die weitere Reise mitnehmen. Morgen geht es nach Dänemark und dann nach Schweden, unsere Erlebnisse und Eindrücke könnt ihr im Teil 2 nachlesen.