Teil 6 Joensuu - Lulea

 

Reise Nordeuropa ab Ostern bis Herbst 2022, Teil 6 Joensuu - Lulea

Freitag 24. Juni  Joensuu

Ein strahlend blauer Sommertag begrüsst den Mittsommer-Feiertag hier in Finnland. Kein Wölkchen trübt den Himmel, das ist ideales Wetter zum Faulenzen oder wie meine Innendienstmitarbeiterin, zum Waschen. Muss auch mal sein bei so vielen Reisetagen. Der Campingplatz ist sehr gross, eben und liegt sehr ruhig am Stadtrand. Die Sanitäranlagen passen nicht zum grosszügigen Porsche des Besitzers, die dürften mal etwas überholt werden, mindestens ein Duschvorhang sollte fürs nächste Budget einberechnet werden.

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Nach der Arbeit folgt das Vergnügen, wir wollen uns ins Volksfest des Feiertages stürzen. Doch in der Stadt herrscht gähnende Leere. Viele Leute tummeln sich am Ufer des Flusses und geniessen den Sommer. So knipse ich ein paar Erinnerungsbilder, um 22 Uhr soll eine Feier an der Flüssmündung mit einem Johannisfeuer stattfinden.

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Punkt 22 Uhr startet die Johannisfeier. Einem alten Volksglauben nach soll es böse Dämonen vertreiben. Verliebte Pärchen sollen übers Feuer springen, wenn sie sich nicht loslassen soll die Beziehung ein Leben lang bestehen. Eigentlich ist es die Feier der Sonnenwende, die Tage werden bereits wieder kürzer, obwohl man das natürlich noch nicht merkt. Erstaunlich viele Leute wohnten der Feier bei, anschliessend traf man sich am Flussufer zum Tanz. Ein Fest mit etlichem Alkoholkonsum, da werden die ruhigen Finnen zur frohen Festgemeinde. Aber nur ein kleiner Teil der Bevölkerung feiert hier in der Stadt, die meisten Leute ziehen zu Freunden ins Sommerhaus und feiern dort den Feiertag.

 

 

Samstag 26. Juni  Ausfahrt Berg Koli

Wer behauptet in Finnland sei alles eben und flach und ausser Wald und Wasser gäbe es nichts zu sehen, der hat sicher zum Teil recht. Aber heute beweisen wir das Gegenteil, wir starten mit dem Roller in die «Berge». Bei Ahveninen erblicken wir den Pielinen, Finnlands 5. grösster See mit fast 900km2, fast doppelt so gross wie der Bodensee. Als Marianne den Bootssteg sieht, bedauert sie es sehr die Fischausrüstung nicht mitgenommen zu haben, doch auf dem Roller haben wir nicht für alles Platz, zum Glück, natürlich für die Fische!

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Nach fast 20km Naturstrasse, allerdings gut verdichtet und recht passabel zu fahren, erreichen wir ein komfortables Skigebiet mit Ski- und Sessellift. 1 Tageskarte kostet 38 Euro, wobei Tageskarte etwas übertrieben ist, nicht wegen der Betriebszeit von 10 – 18 Uhr, sondern weil nur etwa 3-4 Stunden Tag herrscht, die restliche Zeit fährt man mit Flutlicht. Von den eisigen Temperaturen gar nicht zu sprechen.

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Am Bootssteg von Koli wird zu Akkordeonklängen und einer temperamentvollen Sängerin sogar getanzt! Früher gab es eine Fährverbindung von hier nach Lieksa, heute gibt es nur im Winter eine Verbindung, dann wenn der See zugefroren ist. Das wäre doch was, wer kommt mal mit?

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Dann geht die Post ab, respektive die Strasse führt uns nun den Berg hoch. Immerhin 347müM oder 250 Höhenmeter bei ansprechender Steigung weist unser Tagesziel auf. Mit dem Roller dürfen wir natürlich bis ganz nach oben fahren und müssen die letzten 50 Höhenmeter vom Autoparkplatz nicht erklimmen. Eine freundliche Frau erklärt uns wo wir parkieren sollen und erklärt uns auch noch den Weg zum Gipfel, wahrlich ein perfekter Service. Die fantastische Aussicht vom Paha-Koli entschädigt für den «mühsamen» Gipfelaufstieg.

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Vor der Heimfahrt betrachten wir noch das Skigebiet von oben. Der «moderne» 2-Personen Sessellift mit persönlicher Auf- und Abstiegshilfe wird im Sommer wie im Winter betrieben. Der Starthang weist Ähnlichkeiten mit der berühmten Mausefalle von Kitzbühel auf, nicht ganz so steil, aber immerhin mit einer Bodenwelle.

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Sonntag 26. Juni  Joensuu – Petkeljärvi Nationalpark

Das Frühstück wird heute nur in Miniformat serviert. Nein, keine Diät, aber wir wollen das Karelische Mittagsbuffet im Restaurant Parppeinpirtti ausgiebig degustieren, da soll sich der Magen noch etwas schonen. Eine knappe Stunde Autofahrt auf sehr guter Strasse nach Ilomantsi, keine Häuser, nur Wald und ab und zu Wasser von diversen Seen, diese Dimensionen des Landes faszinieren mich immer wieder aufs Neue. Lounas, die finnische Bezeichnung für Mittagessen, wird hier in Perfektion zelebriert. Kostet zwar mit 25 Euro doppelt so viel wie an anderen Orten, ist aber nicht zu vergleichen mit bisherigen Speisen, die wir gegessen haben. Salat- und Vorspeisenbuffet, als Hauptgang Lachs, Braten und karelischer Eintopf. Zum Abschluss die karelische Spezialität Nr. 1, Piroggen. Milchreis im Roggenteig eingepackt und gebacken, serviert mit Ei-Butter als krönender Abschluss. Leute, Nachtessen fällt garantiert aus.

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Gleich neben dem Restaurant steht als nächstes ein Museumsbesuch auf dem Programm. Verschiedene Gebäude und Themen werden gezeigt. Ein Tiermuseum mit deutschem Text, nebst Finnisch und Englisch, man staune. Die Hütte des Grenzgenerals im 2. Weltkrieg, eine Orthodoxe Kapelle sowie die Runensängerhütte. Als Höhepunkt des Rundgangs dürfen wir live das Spiel auf der Kantele miterleben. Dieses Instrument ist vergleichbar mit unserer Zither. Die junge Frau spielt das Instrument seit 10 Jahren und zelebriert die Musik aus Karelien, man spürt direkt die Sehnsucht nach Frieden und Heimat aus den Tönen.

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Bei Temperaturen an der 30 Grad Marke führt uns die Reise in den Petkeljärvi Nationalpark, wo wir unser Nachtlager aufschlagen, respektive unser Gefährt parkieren.

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Montag 27. Juni  Petkeljärvi Nationalpark – Möhkö – Pielinensee

Der Morgen des 27. Juni geht in die Geschichtsbücher ein. Keine 5km von der russischen Grenze entfernt wagt es ein wackerer Eidgenosse dem übermächtigen roten Riesen die Stirne zu bieten. Er lässt seine Drohne steigen und filmt die russischen Wälder an der finnischen Grenze. Von hier oben sieht die Welt ganz friedlich und in Ordnung aus. Alarmstufe rot in Moskau, feindlicher Angriff aus dem Westen, sofort starten automatische Abwehrmechanismen. Primär springt aufgeregt die nette Frau des Campingplatzes auf mich zu und erklärt mir aufgeregt, dass hier absolute Flugverbotszone herrsche und ich mit dem Abschuss der Drohne rechnen müsse!

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Meine Aufnahmen werden subito abgespeichert und verschlüsselt der weiten Welt zur Verfügung gestellt. Der Code lautet www.traemli47.ch! Wir verlassen den Nationalpark und steuern noch näher der Grenze zu. Möhkö, das östlichste Dorf Finnlands ist auch unser östlichster Punkt der Reise. Zwischen 1849 und 1908 wurde hier Sumpferz aus dem Grund der Seen gehoben. Dank billiger Kohle und Wasserkraft der Stromschnelle entstand an diesem abgelegene Flecken Erde ein Dorf mit 600 Einwohnern. Der Preisrückgang und der abgelegene Standort führten zum Stopp des Abbaus. Später waren Holzverarbeitung Verdienstmöglichkeiten der Einwohner. Im 2. Weltkrieg wurde Möhkö komplett verwüstet und ein Drittel des Gebietes musste an Russland abgetreten werden. Heute Museumsort mit Campingplatz sowie Wander- und Wassersportmöglichkeiten. Sogar ein Theater mit 531 Sitzplätzen wird hier im Sommer aufgeführt. Natürlich kein Politisches wegen einer Drohne am Himmel, oder vielleicht doch in der nächsten Spielzeit?

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Wir ziehen weiter, sehen zur Abwechslung einen Fluss der doch zügig fliesst und erreichen bald unseren Übernachtungsplatz am Pielinensee in Vuonislathi. Die Brücke wird zu unserem bisher grössten Fischfangerlebnis. Ein Deutscher mit seiner finnischen Freundin waren schon gestern hier fischen und zogen schöne Eglis aus dem See. Dank seines Tipps und seiner Unterstützung fangen wir zusammen in kurzer Zeit prächtige Exemplare und sind so bis nach Mitternacht mit filetieren beschäftigt. Und wenn die Mücken sie nicht gefressen haben so fischen sie in den Tagen weiter, Scheibers natürlich, nicht die Fische!

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Dienstag 28. Juni  Vuonislahti – Lieksa

Während ich gemütlich im Womo sitze und meine Reiseberichte redigiere, packt Marianne die Angelruten, sie will es nochmals wissen. Am Morgen fängt man doch keine Fische, die schlafen doch noch. Eine Stunde später bin ich eines Besseren belehrt, sie beissen, und wie. Marianne bringt 2 grosse Egli zurück und sagt, es wimmelt nur so von grossen Fischen bei der Eisenbahnbrücke. Nach dem Frühstück packen wir also nochmals unsere Fischerausrüstung, und wie sie beissen! Wir behalten nur die grossen Exemplare und sind dann noch mit Filetpräparation beschäftigt bis in den Nachmittag.

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So reisen wir später als geplant nach Lieksa, Erledigen die Entsorgung und machen Einkäufe. Unser Übernachtungsplatz direkt am Pielinensee an wunderbarer Lage, Fitness vor der Türe, einfach traumhaft mit gratis romantischem Sonnenuntergang.

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Mittwoch 29. Juni  Ausflug Ruunaa Naturschutzgebiet

Mit dem Roller fahren wir Richtung Russland, aber ohne Drohne, will nicht noch schuldig sein, dass die Russen einen Grund haben Finnland anzugreifen. Der erste Halt ist bei den Neitikoski-Stromschnellen geplant. Bei strahlend blauem Himmel erleben wir wieder Natur pur. Es ist so ruhig, dass man jede Vogelstimme einzeln hört.

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Auf der Fahrt zu den Siikakoski-Stromschnellen gibt’s Kaffeehalt im Ruunaan Luontotalo mit sehr feinen selbst gebackenen Süssigkeiten von der deutschsprechenden Inhaberin. Sie freut sich über das langandauernde schöne Wetter und meint im Juli kommen dann die Touristen, jetzt sei ruhig. Dem Flusslauf entlang sehen wir immer wieder Fischer, einer am gegenüberliegenden Ufer fängt sogar ein grösseres Exemplar.

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So neigt sich der Tag dem Ende entgegen, was Feines auf den Grill, noch ein Finnisches Glace als Abschluss, sowie ein romantischer Sonnenuntergang.

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Donnerstag 30. Juni  Lieksa - Kuhmo

Bei weiterhin traumhaftem Sommerwetter und 30° Wärme ziehen wir weiter nordwärts mit nüchternem Magen. Das hat seinen Grund, im Bomba Haus in Nurmes wartet das nächste karelische Mittagessen, hier Lounas genannt auf uns. Wiederum hervorragendes Salatbuffet sowie Fleisch- und Fisch als Hauptgang mit Gemüse und Kartoffelgratin sowie als Dessert Kaffee und Blechkuchen. Himmlisch, die Bäuche sind gefüllt. Das originale Bombahaus wurde 1855 im heute russischen Karelienteil vom Bauern Jegor Bombin gebaut. 25m lang, 10m breit und 3 Geschosse hoch. Alles aus Rundholz mit 25 Zimmern für seinen einzigen Sohn Dimitri. Als dieser starb wurde das Haus abgebaut und das Holz unter seinen 5 Söhnen verteilt, die alle damit ein eigenes Blockhaus bauen konnten. 1978 wurde eine Kopie dieses Hauses hier in Nurmes eingeweiht mit allem drum und dran und weiteren Häusern sowie einem Hotelbetrieb. Hier lässt man sich gerne kulinarisch verwöhnen und karelische Brauchtumsfeste feiern.

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Für weitere Erkundungen ist es uns schlicht zu warm, unglaublich wenn man das hier im Norden sagen muss. Eine gut Stunde Fahrt auf fast Menschen- und Autoleeren Strassen erreichen wir Kuhmo. Wir parkieren direkt am See, ein nettes Deutsches Paar übernachtet hier auch neben uns. Schön wieder mal die Deutsche Sprache verwenden zu können, vor lauter Finnisch verlernen wir bald unsere Muttersprache.

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Freitag 1. Juli  Kuhmo - Suomussalmi

Unglaubliche Temperaturen für Finnland, über 30° im Schatten, wir liegen fast wie tote Fliegen im Womo. Die Unternehmungslust ist eingeschränkt, wir verzichten auf die Wanderung zu den Lentuankoski Stromschnellen und ziehen erst kurz vor Mittag weiter.

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Im Fahrzeug mit Klimaanlage ist es gemütlich, so ziehen wir nordwärts auf einsamen Wegen. In Lentiira besichtigen wir wieder mal eine bemerkenswerte Kirche. 1812 wurde die erste Kirche ohne Bewilligung heimlich gebaut. Sie wurde am 13. März 1940 im Krieg zerstört. 1950 wurde mit Spenden auch aus Amerika eine neue Kirche gebaut, die am 18. März 1989 komplett niederbrannte. 1991 wurde die dritte Kirche sehr modern neu gebaut. Speziell die Nähe zur Natur der Kirche ist augenfällig. Anstelle eines Altarbildes kann man zum Fluss hinabschauen. Die Kirche ist klimatisiert, das passt zum Wetter und wir verweilen einen besinnlichen Moment an diesem Ort der Ruhe.

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Nächster Stopp Raatteen Portti, das Winterkriegsmuseum. Hier in Suomussalmi fand eine der blutigsten Kämpfe des Finnisch-Russischen Krieges statt. Eine finnische Minderheit besiegte hier die russische Übermacht, was entscheidend war, dass Finnland wohl kapitulierte nach 105 Kriegstagen, aber nur einen kleinen Teil seines Territoriums an Russland abtreten musste, vor allem eben Karelien. Für 100'000 Finnen hiess es ihre Heimat verlassen und sich irgendwo neu anzusiedeln. 2003 wurde ein beeindruckendes Monument eingeweiht, ein Stein für jeden gefallenen Soldaten und eine Kupferglocke für jeden Kriegstag.

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In Suomussalmi an direkter Lage am Kiantajärvi beziehen wir Nachtlager, haben Satellitenempfang und schauen die Finalsendung der Landfrauenküche.

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Samstag 2. Juli  Suomussalmi – Murtovaara

Die Nacht verläuft dann nicht so romantisch wie das Bild, alkoholisierte Jugendliche stören unsere Nachtruhe doch empfindlich. Leicht verkatert ziehen wir weiter nordwärts und schon bald folgt unser erster geplanter Stopp beim «stillen Volk». Seit 1994 stehen hier gegen 1000 Figuren, die 2x im Jahr von der Jugendwerkstatt Suomussalmi neu eingekleidet werden. Reijo Kela, der geistige Vater der Figuren, überlässt es jedem Besucher selber, welche Bedeutung das stille Volk für ihn bedeutet.
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Dann gerät dieser durchgeplante Tag ausser Kontrolle. Marianne findet eine Broschüre des Hossa Nationalparks. Wäre doch was, oder? Eine Wanderung im Grand Canyon Finnlands, das packen wir. Navi umprogrammieren, und schon sind wir auf einsamen Strassen fast für uns alleine unterwegs.

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Den Abzweiger verpassen wir fast, was, auf dieser Schotterpiste fast 10km und das Ganze auch wieder zurück! Glorreiche Idee, wir lassen wenigstens unseren Anhänger mit den 2-Rädern zurück, es reicht, wenn wir und das Womo staubbedeckt sind am Schluss.

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So starten wir die gut 7km lange Wanderung beim Julma Ölkky. Fast beängstigend, die Stille die uns umgibt, man hört fast die Regenwürmer im Boden sich bewegen. Senkrecht fallen die Felsen den See herunter, die Wassertiefe stellenweise fast 50m tief. Eine Hängebrücke halbiert die Wanderung, zum Glück, wir befinden uns erst im Aufbautraining für grössere Touren! Wir hätten natürlich den Ausflug auch mit Boot machen können, aber ein bisschen Ehrgeiz hat uns schon gepackt.

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Wir schaffen es nicht mehr bis zum geplanten Campingplatz nördlich von Kuusamo, kurzfristig finde ich auf dem Park4night-App einen idealen Übernachtungsplatz am Keski Kero See.

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Sonntag 3. Juli  Murtovaara – Kuusamo

Der Platz liegt so ruhig und idyllisch, es eilt uns gar nicht mit Weiterfahren, obwohl wir dauernd Attacken unbemannter fliegender Flugkörper aus dem Osten ausgesetzt sind. Wir haben Rache geschworen den dauernden Provokationen, alles lassen wir uns nicht bieten. Für diesen Angriff in östlicher Richtung ohne einen Namen zu nennen, haben wir von sämtlichen politischen Instanzen die Bewilligung erhalten, sogar von der SVP! Also vorgängig Einkäufe erledigen, die Belagerung könnte länger dauern, unscheinbaren Campingplatz als Basislager aussuchen und sofort unser Fahrzeug im Wald parkieren und tarnen. Ausgerüstet mit modernsten Mitteln wie Drohne und schweres Objektiv fahren wir ohne Rücksicht auf Verluste direkt auf die Grenze zu und lassen uns auch von entsprechenden Warnungen nicht beeindrucken, heute gehen wir aufs Ganze. Am Zielort wartet bereits Anna, die uns sofort in die geschützte Anlage einweist und Köder für die zu erwartenden Objekte unserer Begierde auslegt. Und sie kommen! Wir schiessen drauf los was das Zeug hält, hier unsere Resultate der Live Bären Besichtigung, keine 300m von der russischen Grenze entfernt.

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Eindrücklich, Bären live in freier Wildbahn zu erleben. Wir können diese Besichtigung wärmstens empfehlen, entsprechende Infos findet man unter www.karhujenkatselu.fi.

 

 

Montag 4. Juli  Wanderung kleine Bärenrunde Oulangan Nationalpark

Heute vor 41 Jahren gaben sich 2 junge Menschen in der Bruderklausen-Kirche in Altdorf vor dem Traualtar das Ja-Wort. Wir feiern unseren Hochzeitstag mit einer Wanderung im Nationalpark in wildromantischer Umgebung. Wir sind ganz alleine unterwegs, dieses Gebiet zählt zu den bekanntesten Wandergebieten Finnlands. Einige Leute sehen wir mit grösserer Gepäckmenge unterwegs, man kann hier in freier Natur in einfachen Schutzhütten oder Unterständen übernachten. Wobei übernachten der falsche Ausdruck ist, es wird ja gar nicht Nacht, also eher ausruhen von den Wanderkilometern. Per Roller fahren wir zum Parkplatz nach Juuma, hier beginnt die gut 12km lange Wanderung. Schon nach ein paar Metern überqueren wir per Hängebrücke den Abfluss des Juumajärvis.

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Bei der Myllykoski Stromschnelle staunen wir über die Wassermenge die hier abfliesst, hier werden spektakuläre Wildwasserfahrten angeboten. Also lieber zu Fuss, wenn es auch etwas strenger ist auf Schusters Rappen durch die Natur zu trampeln, aber das sieht sehr abenteuerlich aus.

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Wir entscheiden uns hier die Rundwanderung im Uhrzeigersinn weiterzulaufen. Der Weg führt weg vom Fluss durch Natur pur, Wald, einsame Seen und einen bewaldeten Canyon. Den Höhenunterschied von geschätzten 100m kann mit gut gebauten Holztreppen bewältigt werden, talwärts etwas einfacher als bergwärts!

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Rast bei einer Hütte, auf der Hängebrücke den ruhig dahinfliessenden Kitkajoki überqueren, nun führt der Weg den Fluss hoch bis zur Verzweigung des Rundwegs. Wir wandern auf der Höhe des Taleinschnitts und bekommen immer wieder schöne Blicke auf den Fluss.

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Beim Jyräva Wasserfall, zwar nur 9m Höhenunterschied, aber hier werden die Schlauchboote vorher ausgewassert. Nur lebensmüde Kajakfahrer stürzen sich die Fluten runter. Selbst die 900m lange Aallonkkokoski Stromschnelle ist schon ein Riesenabenteuer. Leider sehen wir auf unserer Wanderung keine Boote in Aktion, es hat zu wenig wagemutige Gäste.

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Auf der Heimfahrt, doch etwas geschafft von der 5-stündigen Wanderung, kurven wir durch den Tourismusort Ruka. Skigebiet und Sprungschanze im Winter, im Sommer Wandergebiet, Rodelbahn oder einfach Ausblick geniessen.

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Dienstag 5. Juli  Kuusamo – Kemijärvi

Wieder heisst es packen, entsorgen, Campingplatz bezahlen, die Freuden und Leiden des Zigeunerlebens live. Ein kauziges Männchen, der Chef des Camps, stolzer Besitzer von etwa 6000 Kugelschreibern in seinem Hüttchen an der Reception. Als wir anreisten, schlief er auf dem Sofa, als wir abreisten mussten wir in auf dem Platz suchen. Aber der Platz liegt ruhig, schön im Wald mit Blick aufs Wasser.

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In Posio am Yli-Kitka versuchen wir wieder mal die Fische zu ärgern, ohne essbares Ergebnis. So gibt es etwas verspätet was in den Magen, aber dafür mit Speck und Spiegeleier was währschaftes, schliesslich feierten wir gestern Hochzeits…….! So besuchen wir die Porzellanmanufaktur PENTIK-mäki, der grösste Arbeitgeber der Region. Das hier produzierten Porzellangeschirr wird in ganz Nordeuropa in über 80 Läden verkauft. Angegliedert sind Museen der Firmengründer Anu und Topi Pentik, unter anderem mit einer Kaffeetassensammlung, wo über 2000 Stück in Vitrinen präsentiert werden.

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Wiederum traumhafter Übernachtungsplatz am gleichnamigen See wie die Ortschaft Kemijärvi, unserem nördlichsten Punkt der Reise. Zum Nachtessen so gegen 23 Uhr gibt es selbstgefangenen Hecht und Egli, na, geht doch.

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Mittwoch 6. Juli  Kemijärvi - Rovaniemi

Erst am frühen Nachmittag ziehen wir weiter, es ist einfach zu romantisch hier am See. In Kemijärvi parkieren wir kurz bei der Kirche um ein paar Fotos zu schiessen. Die spezielle Eisenbahnbrücke, die nur noch für Gütertransport nach Russland benötigt wird sowie die Kirche mit ihren Gräbern der Kriegsgefallenen ziehen die Aufmerksamkeit auf uns. Erhalten die gefallenen in der Ukraine auch so schön gepflegte letzte Ruhestätten?

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80km nach Rovaniemi, ohne ein Haus, nur Wald und ab und zu ein kleiner See sind schnell zurückgelegt. Audienz beim Weihnachtsmann hatten wir vor 5 Jahren schon. Da wir uns seine mahnenden Worte zu Herzen genommen haben, erübrigt sich ein neuerlicher Besuch. Nach Wochen ohne viel Tourismusrummel hier am Polarkreis sind wir fast ein wenig überfordert, wobei wir erst kurz vor Türschliessung eintrudeln. Heute erleben wir den Ort noch in Farbe, vor 5 Jahren hatten wir Regen und Nebel.

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Wir übernachten gleich auf dem Parkplatz neben den Rentieren vom Weihnachtsmann.

 

 

Donnerstag 7. Juli  Rovaniemi – Kukkola

Bevor der Rummel beim Weihnachtsmann einsetzt, ein Luzerner Car steht schon vor der Eröffnung um 9 Uhr auf dem Parkplatz, setzen wir unsere Fahrt Richtung Schweden fort. Kurz vor der Grenze steuern wir unser Fahrzeug den Berg hoch, Richtung Skigebiet Aavasaksa. 1882 wurde für den Zarenbesuch extra eine Waldhütte gebaut, die er nie benutzte, da er gar nicht erschien. Ein Aussichtsturm mit schönem Rundblick auf den Tornionjoki (Finnisch) oder Torneälv (Schwedisch) und ein kleines Restaurant stehen den Besuchern zur Verfügung.

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Nach der Meerjungfrau in Kopenhagen habe ich jetzt sogar noch eine Waldjungfrau gefunden, diesmal ohne Sturz! Auch knorrige Bäume finden sich im Wald dem Wanderweg entlang.

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Nach einigen Wochen Finnland überqueren wir in Övertornea die Grenze und betreten ohne Kontrolle schwedisches Hoheitsgebiet. Auch stellen wir die Uhren wieder eine Stunde zurück, Winterzeit, nein Sommerzeit!

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Unsere erste Besichtigung gilt der Övertorneå Kyrka mit goldener Prachtorgel aus Spandau in Berlin sowie üppig ausgestalteter Kanzel. Wunderwerke früherer Handwerkskunst. Diese Orgel ist die älteste erhaltene Orgel Schwedens.

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Geruhsam fliesst der Torneälven dahin bis in Kukkola bei den gleichnamigen Stromschnellen die Fliessgeschwindigkeit sich markant erhöht. Eine Besonderheit sondergleichen kann hier beobachtet werden, Felchenfischer die mit blossem Kescher auf wackeligen Holzstegen den Fischen nachjagen. Am letzten Juliwochenende findet das traditionelle Felchenfest statt, denn von mitte Juli bis 10. August werden hier täglich über 1000 Fische gefangen, die flussaufwärts wandern. Bis jetzt war ich im festen Glauben, dass wir Felchen nur in den Schweizer Seen fangen und nicht hier im Norden an Stromschnellen.

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Wir parkieren gut einen Kilometer weiter südlich direkt am Fluss. Sonnenschein mit Regen ergeben wunderschöne Abendstimmungen.

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Freitag 8. Juli  Kukkola - Kemi

So nahe am Fluss hörten wir die ganze Nacht das Rauschen, das wirkt beruhigend und so kann man herrlich schlafen. Die Sonne strahlt, so fahren wir nochmals zu den Stromschnellen und schiessen ein paar Fotos.

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In Haparanda parkieren wir und erkunden mit den Rädern die Grenzstadt. Der alte Wasserturm fasziniert irgendwie, echtes Maurerhandwerk, Backstein um Backstein so präzise aufeinander zu reihen.

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Das Stadshotell, erbaut ende 19.Jahrhundert, zählte damals zu den repräsentativen Luxusbauten. Entsprechend beherbergte es illustre Gäste hier an der Grenze zum Osten. Spione, Schmuggler, später fanden hier auch Gespräche zwischen der Sowjetunion und dem Westen statt.

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Die grosse Eisenbahnbrücke führt nach Finnland und plötzlich stehen wir selber mitten auf der Grenze und müssen dauernd die Uhr vor- oder zurückstellen! Tornio wurde im Krieg total zerstört, das neutrale Haparanda blieb verschont und man nahm zigtausend Kriegsflüchtlinge auf.

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Die etwas spezielle Kirche von Haparanda erinnert auch an diese Zeit, sie gab vielen Flüchtlingen ein zuhause. Nach einem Brand wurde diese moderne Kirche gebaut. Aussen sehr dunkel und eine spezielle Bauform, der Innenraum ist hell und freundlich eingerichtet. Wir hören die Kirchengeschichte auf Deutsch und gedenken hier an Reno Kofler, der unerwartet an einem Herzversagen verstorben ist, während tausend Kilometer entfernt die Abdankung stattfindet.

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Wir haben uns von Finnland gar noch nicht richtig verabschiedet, so fahren wir nochmals zurück nach Finnland, in Kemi auf den Campingplatz beim Snowhotel beziehen wir auf dem grossen Platz unser Nachtlager. Sehr gut eingerichtet, neu Sanitäranlagen, sogar mit Haarföhn im Duschraum.

 

 

Samstag 9. Juli  Kemi

Aktive Erholung mit Fischen und einer Eisskulpturenbesichtigung. Ob allerdings Fischen als Erholung betrachtet werden kann, wenn nach 3h Köderwerfen alle Muskeln schmerzen, bleibt Ansichtssache. Im Snow Experience 365, das zum Campingplatz gehört, herrscht 365 Tage Winter. Zum Thema Zirkus sind Figuren ausgestellt, an Tischen könnte man sich einen Apero genehmigen und sogar eine Eisrutschbahn gibt es. Wenn es nur nicht so kalt wäre!

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Die restliche Zeit lassen wir mal die Seele baumeln, nächste Woche ab Mittwoch erwarten wir Besuch aus der Heimat, dann wird es Betrieb geben mit unserem Grosskind.

 

 

Sonntag 10. Juli  Kemi - Piteå

Tröpfelt es morgens auf des Campers Dach
bleib ich liegen und leg meine Liebste …….
Gitarre auf die Seite und lies die Zeitung!
Reimt sich nicht, ist aber Jugendfrei!

Also heute regnet es wirklich, da nehmen wir uns Zeit im TV das Rigischwingfest zu schauen, «Persönlich» im Radio zu hören und gemütlich zu Frühstücken. Der Aussendienstmitarbeiter erledigt dann alle Arbeiten, ist schliesslich wetterfest und dafür nachher tropfnass, aber Hauptsache das Womo ist dicht und Marianne bleibt trocken. Auf der Fahrt westwärts nach Schweden planen wir noch einen Stopp bei der ältesten Feldsteinkirche in Keminmaa ein. Leider ist die Kirche am Sonntag geschlossen, so bleibt uns nur der Blick von aussen.

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Beim Campingplatz in Luleå parkieren wir den Anhänger und fahren ohne Zusatzgewicht nach Piteå zum Gastanken, das problemlos klappt. Beim Parkplatz vor dem Camping finden wir unseren Übernachtungsplatz, Marianne fährt schnurstracks in die freie Lücke, der Aussendienst muss daher seine Schuhe für die Stadtwanderung durch eine grosse Pfütze watend aus der Garage des Campers herausholen. Was solls, war heute eh schon nass. So starten wir nach dem Mittag- / Nachtessen zu einem Spaziergang und genehmigen uns ein «Käfeli» mit Supplement in der Stadt. Nichts unbedingt Sehenswertes, eine Fussgängerzone, ein Museum, das wars denn schon.

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Zurück staunen wir, dass der Campingplatz komplett mit Norwegischen Womos und Wohnwagen gefüllt ist. Vermutlich haben die ihre Fjorde auch mal satt und möchten in die Weite schauen. Die naheliegende Papierfabrik bietet über 500 Arbeitsplätze an, zur Sonnenuntergangszeit wird der austretende Dampf extra für uns beleuchtet.

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Montag 11. Juli  Piteå – Luleå

Vor unserem Parkplatz in der ersten Reihe spazieren fast im Minutentakt Hundebesitzer mit ihren Vierbeinern vorbei, die im nahen Park ihr Geschäft erledigen sollen oder müssen, also die Vierbeiner natürlich. Nachbars Hund geht es sehr schlecht, hat zu viele Köttbullar gegessen, jetzt verkackt er gerade die ganze Wiese, 2m daneben sitzt ein Norwegisches Ehepaar, sie rümpft schon etwas die Nase.

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Uns stört es nicht mehr, wir fahren los zum alten Piteå, genau nach Öjebyn. Im Solanderpark begrüsst uns eine Frau mit ein paar Deutschwörtern, leider sei heute geschlossen, am Mittwoch gäbe es Kaffee. Sie gab uns eine Broschüre in Englisch mit vom berühmten Seefahrer im 17. Jahrhundert. Die alte Kirchenstadt lag früher am Meer, da sich jedoch der ganze Norden jedes Jahr noch ein paar Centimeter in die Höhe bewegt, befindet sich nun Öjebyn im Landesinnern. Rund um die Kirche wurden einfache Häuser gebaut, dort hatten die weit entfernten Familien ihre Zimmer um am Sonntag in die Kirche zu fahren. Da der Weg sehr weit war übernachteten sie jeweils einen Tag in ihrem Zimmer in den Häusern. Pro Haus wohnten so meistens 4 Familien übers Wochenende. Unvorstellbar was die Leute da für Zeit und Weg auf sich nahmen um Gottes Wort zu hören. Heute haben wir den Luxus, dass wir zwar in ein paar Minuten in der Kirche wären, aber das Interesse schwindet Jahr für Jahr. Marianne trifft noch 3 Frauen beim Stricken, eine davon feiert heute ihren 72. Geburtstag. Leider müssen wir für ihr Fest absagen, wir haben ja in Luleå den Campingplatz reserviert.

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Den First Camp in Luleå erreichen wir auch bald, richten uns für eine Woche ein und ohne mit der Wimper zu zucken beginnt Marianne zu haushalten. Wäsche, Staub saugen, sie ist in ihrem Element, da ziehe ich mich aus der Gefahrenzone zurück!

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Weitere Reiseerlebnisse berichten wir im Teil 7 Luleå - Blattniksele.